Das Internet kommt im Unterricht an

1. Juni 2007

www.lernmodule.net: Was hat mein Handy mit dem Kongo zu tun?

Vom „digitalen Materialschrank“ hin zum Lernmedium: Das Internet ist auf dem Weg, sich als Lernplattform für die Schule von morgen zu etablieren.

Grammatikübungen suchen, für einen Geografieeinstieg Bilder ergooglen, nach Arrangements angesagter Popsongs stöbern: Nach wie vor nutzen Lehrerinnen und Lehrern das Internet vor allem als „digitalen Materialschrank“. Dank der technischen Entwicklung – steigende Bandbreite, billigere und grössere Speichermedien – ist das Herunterladen von Arbeitsblättern oder anderen Lernmaterialien nunmehr eine von vielen Einsatzmöglichkeiten des WWW im Klassenzimmer.

Internationale Grossunternehmen sind dazu übergegangen, das Internet als Schulungswerkzeug zu brauchen und Kurse online durchzuführen. Hierbei werden ganze Lerneinheiten als Dateipaket auf einem Server hinterlegt und über eine Lernplattform Mitarbeitenden zugänglich gemacht. Erfahrungen zeigen jedoch, dass diese als „Web Based Training“ (WBT) bezeichnete, eindimensionale Wissensvermittlung ihre Grenzen hat. Fehlender sozialer Austausch und mangelnde individuelle Betreuung führten in den vergangenen Jahren deshalb zur Weiterentwicklung des WBT hin zum „Blended Learning“, einer Lernform, die Präsenzunterricht mit Online-Elementen kombiniert. „Blended Learning“ kann von zwei Ausgangspunkten aus umgesetzt werden: Entweder man sucht sich zu einem Thema passende Websites und bettet diese in den Lernprozess ein. Oder man greift auf einen durchkomponierten Online-Lehrgang zurück und unterlegt diesen mit vertiefenden Impulsen im Klassenverbund. Solch pfannenfertige, frei zugängliche Online-Materialien sind jedoch rar. Als Volltreffer erweist sich www.lernmodule.net, eine von der deutschen Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet (www.zum.de) unterstütze Homepage, die seit 2005 besteht.

Wie weit reist eine Jeans?

Fast 100 Lernmodule stehen auf lernmodule.net zur Verfügung. Nahezu alle Fächer sind abgedeckt, Mathematik schwingt mit 16 Modulen obenauf. Auch Fremdsprachen und Wirtschaftskunde sind stark vertreten. Wer Module nutzen will, muss sich registrieren und kann danach für die Lernenden persönliche Zugänge anlegen. Damit melden sich diese an und durchlaufen das Modul. Software ist dazu keine nötig, gebraucht wird einzig ein Internetbrowser. Die Lehrperson kann die Arbeitsschritte der Schülerinnen und Schüler analysieren. Das Lernmodul speichert die Resultate aller Tests, die benötigte Zeit für die Kapitel und weitere Daten ab. Für die Qualität von lernmodule.net bürgt ein sechsköpfiges Team von Pädagogen und Webentwicklern. Sämtliche Module vermitteln einen professionellen Eindruck und sind mediendidaktisch gekonnt umgesetzt.

Das Modul „Grundlagen der e-Globalisierung“ beispielsweise beginnt mit einer Videosequenz, in welcher Jugendliche der geografischen Herkunft ihrer Markenkleider auf den Grund gehen. Darauf bearbeiten die Schülerinnen und Schüler eine interaktive Grafik, die den Weg einer Jeans von der Baumwolle zum begehrten Konsumgut aufzeigt. Weiter Nutzen kann man lernmodule.net gratis, die Macher sind aber um jede Spende froh. Von öffentlicher Seite wurde das Projekt bereits honoriert, lernmodule.net gewann im Frühjahr den europäischen E-Learning-Award.

Teilweise bieten auch Unternehmen, Branchenverbände oder NGOs frei zugängliche Lernmodule an. Ein gutes Beispiel hierfür ist der süddeutsche Stromversorger Lechwerke AG, der zum Thema Strom für die Mittel- und Oberstufe Online-Module anbietet (http://snipurl.com/1kcj1).

Das Lerntagebuch kommt

Das Internet, das nicht bloss als offene Bibliothek, sondern als eigenständiges Lernmedium wahrgenommen wird; das ist ein Trend. Ein anderer Trend bewegt sich hin zum Nutzer und will ihn animieren, seine eigenen Inhalte zu veröffentlichen. Die wachsende Verbreitung von Blogs und Podcasts deutet dies an. Das Grundprinzip eines Blogs auf die Schule adaptiert hat das Institut für Medien und Schule der PHZ Schwyz. Mit www.lerntagebuch.ch steht Lehrerinnen und Lehrern in der Schweiz ab diesem Monat eine neue Plattform offen. Wer lerntagebuch.ch nutzen will, kann seine Klasse registrieren und ermöglicht seinen Schülerinnen und Schülern damit, sich in einem passwortgeschützten Bereich Gedanken zum eigenen Lernen zu machen, eine eigene Homepage anzulegen und ein öffentliches Blog zu nutzen. Eine prüfenswerte Alternative zum handschriftlichen Lernjournal, die auf Gegenliebe stossen dürfte.

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