„dis pic isch voll geil :-)“

1. März 2008

Unter Teenagern beliebt: Das Bildportal meinbild.ch.

Wie soll die Schule reagieren, wenn Jugendliche sich im Internet freizügig präsentieren und Bilder anderer diffamieren? Im Raum Basel wird diese Frage brisant diskutiert.

Die Homepage www.festzeit.ch sorgt an Basels Schulen für Wirbel und Unmut. Auf diesem Partyfoto-Portal laden Jugendliche Bilder hoch und kommentieren diejenigen anderer Mitglieder. Die meisten der über 90 000 Nutzer sind zwischen 16 und 25 Jahre alt. Doch auch 12 bis 15-Jährige interessieren sich für festzeit.ch. Und zwar so stark, dass mehrere Basler Oberstufenschulhäuser diese sperrten, da die Jugendlichen jede Gelegenheit nutzten, um neue Kommentare zu lesen, zu schreiben oder Nachrichten zu hinternlassen. 30 000 Kommentare entstehen so – täglich. Kommentare, die nicht immer so zumutbar sind wie das von festzeit.ch stammende Titelzitat dieses Artikels (Pic: Kurzform für picture).

Anfang Februar äusserte sich der Sissacher Schulleiter Ernst Dettwiler in der Basler Zeitung bestürzt über die verletzenden und üblen Kommentare und Einträge auf festzeit.ch. Beschimpfungen und Beleidigungen waren Alltag. Mittlerweile kümmern sich die Betreiber von festzeit.ch besser um die Einträge und sortieren Verbalinjurien aus.

Der User ist begehrt

Plattformen wie festzeit.ch gibt’s viele. Professionelle und weniger professionelle. Alle versuchen sie User an sich binden und möglichst viele Klicks zu generieren, denn das spielt Werbegelder ein. Ob www.usgang.ch, www.lautundspitz.ch oder www.tillate.ch: Diese Ausgangs- und Partyportale erfreuen sich bei Jugendlichen grosser Beliebtheit. Eine Anmeldung ist schnell vollzogen. Die Altersangaben werden nicht überprüft. Doch mit dem eingerichteten Profil beginnt die Arbeit erst richtig: Jetzt muss Inhalt, müssen Bilder her. Und der eigene Auftritt hat getreu den Massstäben der Werbung makellos und sexy zu sein. Etwas humaner geht es auf www.meinbild.ch zu und her, einem Bildportal zum Kennenlernen und Flirten. Bilder werden erst nach Begutachtung freigeschaltet, Profile mit explizitem Inhalt gelöscht. Doch auch hier hat man keine Gewähr, mit wem man tatsächlich in Kontakt tritt. Weit schlimmer wird es, wenn der Betreiber eines Portals nicht sorgfältig mit den ihm anvertrauten Daten umgeht. Der Berner Blogger Mario Aeby hat vor einigen Monaten mit einfachen Mitteln sämtliche Profile von www.partyguide.ch offen gelegt. Passwörter, Adressen und  Benutzernamen waren für jedermann einsehbar. Obwohl er uneigennützig und aufklärend agierte, muss Aeby sich nun vor Gericht verantworten (nachzulesen auf http://blog.emeidi.com).

Filtern und Sperren als Lösung?

Der Bereich der Party-Portale zeigt exemplarisch die Stolpersteine des WWW auf. Gerade Jugendliche verhalten sich oft blauaügig und geben rasch Informationen von sich selber preis. Doch sind Sperren des Zugangs und Löschen von Einträgen wie im Beispiel von festzeit.ch die Lösung? Oder sind sie im besten Fall eine vorübergehende Massnahme? Müsste nicht eine breite Diskussion um die Medienkompetenz im Internet die logische Konsequenz sein? Unumstritten ist: Ein Internetzugang, der Kindern und Jugendlichen privat zur Verfügung steht, gehört geschützt. Gute Ratschläge für Eltern listet die Fachstelle Fri-tic der PH Freiburg auf: www.snurl.com/1zj0p. Die Vertrauenswürdigkeit einer Homepage lässt sich oberflächlich bewerten, indem man überprüft, auf wen die Domain registriert ist (www.centralops.net). Auch ein Impressum auf der Homepage selber ist für seriöse Anbieter Pflicht. Doch der Berner Lehrer Roger Küffer warnt: „Eine Webseite kann nie zu 100 Prozent auf ihr Vertrauen überprüft werden.“ Küffer arbeitet bei der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität KOBIK (www.kobik.ch) mit. Dort landen die Fälle, die definitiv den legalen Bereich verlassen haben: Kinderpornographie, Extremismus, Verbreitung von Computerviren und mehr.

Mit seiner eigenen Organisation @tracvtive (www.tractive.ch) bietet Küffer Kurse zur Internetsicherheit für Jugendliche, Eltern und Lehrer an. Denn dort gilt es für ihn einzuhaken. „Heutzutage herrscht eine starke Mitmach-Kultur im Internet. Dass Informationen, die man über sich ins Netz stellt, problemlos von Fremden übernommen und missbraucht werden können, ist Jugendlichen dabei nicht bewusst.“ Hier helfe in erster Linie Aufklärung der Erwachsenen, welche immer noch viel zu wenig verstehen würden, was alles im Internet existiere und wo ihre Kinder surften, sagt Roger Küffer. Lehrpersonen und Eltern müssten vermehrt versuchen, die Kinder in ihren Aktivitäten zu begleiten und sich für ihre Tätigkeiten zu interessieren. Nützliches Infomaterial zu Fragen der Internetsicherheit ist nicht rar. Auf den Bildungsservern Educa (www.educa.ch/dyn/187023.asp) und Zebis (www.snurl.com/1zj04) sind hilfreiche Angebote für Lehrpersonen aufgelistet. Für Jugendliche lohnen www.safersurfing.ch oder www.schaugenau.ch einen Besuch. Am 6. März setzen diverse Schweizer Unternehmen mit dem dritten Swiss Security Day ein Zeichen für sicheres Surfen der Jugendlichen (www.swisssecurityday.ch). Weiter weist www.securityforkids.ch, lanciert von Microsoft und mitgetragen vom LCH, Kinder auf die Tücken des WWW hin. Doch alle diese Angebote ersetzen eines nicht: Die direkte Auseinandersetzung mit den Surfangewohnheiten Kinder und Jugendlicher, zuhause sowie in der Schule.

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