Geklickt, gestrickt, gehäkelt

1. Oktober 2017

In der textilen Gestaltung gehen analoge Handarbeit sowie digitale Prozesse Hand in Hand.

Von der ersten Idee bis zum fertigen Kleidungsstück ist es heute ein kleiner Schritt. Die Prozesse der Textilproduktion und des Textildesigns vereinfachen sich stetig: Das wirkt sich auch auf die Handarbeit aus.

Wenn es um Siebdruck geht, ist Desirée Expertin. Sie hat mit ihrer Klassenkameradin eine Videoanleitung produziert und zeigt darin, wie sie von der Recherche eines passendes Motivs bis hin zum bedruckten Pulli verfährt (www.goo.gl/dYsgZ9). Entstanden an der Stadtzürcher Schule Höltschi, nimmt das 10-minütige Video einen Trend auf, der im Alltag omnipräsent ist: Wer eine kurze Erklärung eines rezeptartigen Prozesses braucht, sucht nach einem entsprechenden Video – YouTube lässt grüssen. So verwundert es nicht, dass sich eine Reihe von YouTube-Kanälen der Textilgestaltung annehmen und kreative Ideen liefern. Ein Beispiel hierfür ist die “FadenFreundin”, der YouTube-Kanal der deutschen Textildesignerin Julia Bauer. Wer gleichzeitig seine Englischkenntnisse anregen möchte, findet im YouTube-Kanal “WoolAndTheGang” Inputs zum Stricken und Häkeln. Diesen Service bieten auch mehrere Apps. „Knitting buddy“, „Handmade“ oder „Knit – knitting counter“ leisten brauchbare Hilfe für unterwegs.

Textile Vergangenheit der Schweiz

Wie nähe ich einen Reissverschluss in eine Hose? Wie kann ich mit Gummibändern häkeln? Eine Zusammenstellung an Schnittmustern und Strick- sowie Häkeltechniken hält der österreichische Bildungsserver schule.at bereit, immer mit Fokus auf den Unterricht (www.goo.gl/omhqoJ). In Kooperation mit dem Schweizer Nähmaschinenhersteller Bernina führt auch kiknet.ch eine Themenseite zum Nähen und präsentiert Materialien für alle drei Zyklen (www.bernina-kiknet.org). Hier wird zudem auf das Magazin für Textilarbeit und Werken “manuell” aufmerksam gemacht. Im Monatsrhythmus greift die Zeitschrift Trends und Ideen auf, welche sich mit Kindern und Jugendlichen umsetzen lassen (www.manuell.ch).

Einen Blick in die Geschichte der Textilindustrie ermöglicht das St. Galler Textilmuseum. Schulklassen stehen Führungen und Workshops offen. Zu den Highlights der Sammlung zählen spätantike Gewebe aus koptischen Gräbern, historische Stickereien, völkerkundliche Textilien und zeitgenössische Textilkunst. LCH-Mitglieder erhalten gegen Vorlage eines Mitgliedsausweises freien Eintritt (www.textilmuseum.ch).

Der Handel mit Textilien war schon früh international ausgerichtet, diese Entwicklung hat sich in den vergangenen 30 Jahren weiter akzentuiert. Eine handelsübliche Jeans legt heute durchschnittlich 50’000 Kilometer zurück, bevor sie auf dem Ladentisch liegt. Um diesen Produktionszyklus en détail zu verstehen, bietet die Stiftung “Pusch” gemeinsam mit der Kleidersammelstelle Texaid die Projektwoche “Stoffwechsel” an. Darin beschäftigen sich Jugendliche mit den Rohstoffen, der Produktion und dem Konsum von Kleidern und gestalten eine Ausstellung mit Altkleidern (www.pusch.ch). Mit der Plattform Labelinfo.ch betreibt Pusch zudem eine Informationsstelle für Umwelt- und Soziallabels. Der Dienst überwacht über 135 Gütesiegel und 19 Deklarationen und informiert über die Produktionsbedingungen von Kleidern (www.labelinfo.ch). 

Nicht nur die Textilproduktion hat sich massgeblich gewandelt, auch mit dem einsetzenden Lehrplan 21 stehen für das Fach Handarbeit Neuerungen an. So fällt Handarbeit künftig mit Werken im Fachbereich Technisches und Textiles Gestalten (TTG) zusammen. Innerhalb des Textilen Gestaltens kommen die drei Kompetenzbereiche “Wahrnehmung und Kommunikation”, “Prozesse und Produkte” sowie “Kontexte und Orientierung” zum Tragen, wobei der prozess- und produktorientierte Zugang am meisten Zeit beansprucht.

Wie die Kantone die Lektionen für das Textile Gestalten ansetzen, ist ihnen überlassen. Eine Empfehlung der D-EDK schlägt für Bildnerisches Gestalten und TTG vom ersten bis zum neunten Schuljahr je vier Wochenlektionen vor.

Selber produzieren

Wer geschickt mit Wolle und Garn umgeht und eigene Kreationen entwirft, kann diese auf spezialisierten Handelsportalen feilbieten. Im deutschen Raum hat sich Dawanda einen Namen gemacht, quasi als Pendant zu Ricardo, einfach für Kunst- und Textilhandwerk (www.dawanda.de). Wer als Designliebhaber nach Einzelstücken sucht, ist hier am richtigen Ort. Das Vorbild von Dawanda heisst Etsy und stammt aus den USA. Dessen Gründer Robert Kalin ist ein Paradebeispiel für den Handarbeits-Freak von heute: Er liebt kleine, makabre Strickpuppen und stellt diese selber her. Mit Hilfe des Computers, der ihm die Produktion der Figuren abnimmt.

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