„Neue Medien basieren auf Interaktion“

1. März 2011

Malen wie Jackson Pollock: Auf www.jacksonpollock.org lässt sich nachvollziehen, mit welchen Mitteln der amerikanische Expressionist gearbeitet hat.

Das Internet lebt stark von Bildern und verändert unsere Bildsprache. Was bedeutet das für den Gestaltungsunterricht in der Volksschule?

Ein Bild geht um die Welt: Waren im vergangenen Jahrhundert Printmedien oder das Fernsehen für dieses Bonmot verantwortlich, so hat im 21. Jahrhundert das Internet das Ruder übernommen. Die weltweite Verbreitung von Bildern ist dank dem WWW zu einem Kinderspiel geworden. Wie sich die Jugend dies zunutze macht, hat unlängst die Revolution in Ägypten aufgezeigt, die zu einem guten Teil über Online-Kanäle orchestriert und dokumentiert wurde. Doch das Internet und die digitale Bildbearbeitung haben nicht nur die Verbreitung, sondern auch das Bildverständnis und die Bildsprache prägend verändert. Für Susanne Junger, Dozentin für Bildnerisches Gestalten an der PH Bern, muss die Kunstpädagogik diese Entwicklung aufnehmen. „Unter dem Einbezug der digitalen Medien muss sich die Kunstpädagogik einem Wandel unterziehen. Entscheidend ist die handlungsorientierte Herangehensweise, denn der Umgang mit Neuen Medien basiert auf Interaktion.“

Sie beobachte bei Jugendlichen ein zunehmendes Interesse an Crossover-Verfahren, Verbindungen von analogem und digitalem Gestalten. Dabei würden Bilder und Texte aus dem Internet dazu benutzt, Collagen, Montagen oder Bricolagen zu erstellen. „Die ‚Generation Upload‘ veröffentlicht fortlaufend ästhetisiertes Material: In bearbeiteten Bildern oder in selbst gefertigten Videoclips, die ohne die digitale Innovation nicht möglich wären. Das Netz dient mehr noch als das Fernsehen der Orientierung, denn gerade die ästhetischen Produktionen der Gleichaltrigen werden als authentisch bewertet“, sagt Susanne Junger. Es gebe erstaunlich viele Jugendliche, die mit Ausdauer und grossem Eifer in ihrer Freizeit zeichneten, malten oder digital gestalteten und dabei einen intensiven Dialog mit ihrer eigenen Kultur führten. Über das Internet teilen sie ihr Können mit Gleichgesinnten.

Als Gefahr erachtet Junger die teilweise mangelnde Medienkompetenz, sei dies bei Erwachsenen, Lehrpersonen oder Jugendlichen: „Konnte früher fehlende Bildung den Zugang zu Kunstwerken verwehren, so ist es heute fehlende Medienkompetenz.“ Anknüpfungspunkte, um das Internet im Kunstunterricht einzusetzen, sieht Susanne Junger zahlreiche: „Das Internet bietet sich auf diversen Ebenen an. Bei der Verarbeitung und Verbreitung analoger und digitaler Bilder in den Bereichen Fotografie, Video oder eingescannter Bilder, bei der Mediengestaltung im Objekt- und Grafikdesign, bei Recherchen in Online-Datenbanken, bei der Bildherstellung und Bildanimation oder um Kunstwerke zu betrachten und zu analysieren.“

Farben, Formen, Figuren

Und an möglichen Angeboten im Internet mangelt es nicht. Die Fülle an Materialien lässt sich nur mit einer klar eingegrenzten Stichwortsuche erfolgreich durchkämmen. Da wären einmal eine Reihe von Gratisprogrammen zur Bildherstellung wie AniPaint für die Unter- und Mittelstufe oder, technisch anspruchsvoller, GoogleSketchup für dreidimensionale Modelle. Eine ausgewachsene Version eines Bildbearbeitungsprogramms bietet Gimp (www.gimp.org), speziell auf die Verwaltung von Fotografien fokussiert Picasa, ein weiteres Angebot von Google. Spielerische Bildbearbeitung ermöglicht „Yearbook yourself“ (www.yearbookyourself.com). Damit lassen sich Porträts in historische Hintergründe einfügen. Pragmatischer und simpler geht es auf www.pixlr.com oder www.picnik.com zu, hier können rudimentäre Bildbearbeitungsschritte im Browser ausgeführt werden. Wie man damit realitätsnahe Fotomontagen erstellt, führt Beat Küng, Mitarbeiter des Zentrums Medienbildung der PHZ Luzern, in einem Screencast (www.bit.ly/h0CDFp) eindrücklich vor Augen.

Wer den Stil eines bekannten Künstlers mit einfachen Mitteln imitieren möchte, findet auf picassohead.com, jacksonpollock.org oder stephen.com/mondrimat Inspiration und erzielt rasch effektvolle Resultate. Eine starke Seite zur Farbenlehre hat die Kantonsschule Enge zusammengestellt (www.bit.ly/hlpvV5). Hier kommen Themen wie Farbmischung, Farbtheorie, Farbdesign in der Werbung in theoretischer und praktischer Form zum Zug. Gute Linksammlungen zum Bildnerischen Gestalten präsentieren imedias.ch, die Beratungsstelle der PH FHNW für digitale Medien in der Schule, oder das deutsche Portal www.kunstlinks.de.

 

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