Sich kein falsches Bild machen

1. Mai 2015

Eine Visualisierung auf informationisbeautiful.net führt den abstrakten Begriff der Polkappenschmelze nachvollziehbar vor Augen.

Dass das Internet zum Büro geworden ist, reisst heute niemanden mehr vom Hocker. Doch wie sich Daten oder Ideen mittlerweile online visualisieren lassen, hat Überraschungspotenzial.

Den Lee-Luv-Effekt darstellen, die Abfolge der grammatischen Zeiten aufzeichnen, die wichtigsten Erfindungen im 19. Jahrhundert illustrieren und ordnen: Vorgänge wie diese sind im Unterricht Alltag. Und ihnen ist gemeinsam, dass sie einen hohen Bildbezug aufweisen. Bilder und Visualisierungen verdichten Fakten, sie emotionalisieren – aus lernpsychologischer Sicht ein wesentlicher Faktor für erfolgreiches Lernen. Wer sich an Gelerntes erinnert, kann dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Bildern abrufen.

Digital und animiert
Es gibt diverse Formen von Visualisierungen, die im Unterricht rege zum Einsatz kommen: Stammbäume, Symbole, Cluster, Mindmaps, simple Listen, komplexe Illustrationen oder Diagramme. Wie sich diese spannend umsetzen lassen, vermittelt der Blog des englischen Informationsdesigners David McCandless (www.informationisbeautiful.net). McCandless sammelt Visualisierungen aus aller Welt und aus allen Sparten, er wählt aber nur aus, was ihn grafisch überzeugt. So versammeln sich auf seinem Blog eine Infografik zu Vitamin D, eine Visualisierung zu den häufigsten Todesursachen im 20. Jahrhundert oder eine interaktives Cluster zu den Beziehungen der Staaten und Religionsgemeinschaften im Nahen Osten. Gerade in der interaktiven Grafik zeigt sich die Stärke von digitalen Umsetzungen: Indem sich die Anzeige anhand von Kriterien anpassen und animieren lässt, werden Prozesse oder zeitliche Entwicklungen deutlich.

Ideen werden fassbar
Um Informationen zu visualisieren, braucht es eine klare Vorstellung des Resultats und der notwendigen Hilfsmittel. Reicht PowerPoint oder ein ähnliches Programm für meine Idee? Fülle ich meine Daten in einer Tabelle ab und generiere daraus ein Diagramm? Oder baue ich die Visualisierung Schritt für Schritt mit der Klasse auf? Für das  Letztgenannte existieren Apps, welche das mit Tablet und Beamer ermöglichen. Eine Auswahl dazu führt sketchnotes.de auf (www.sketchnotes.de/ressourcen/apps).
Soll eine Visualisierung über die klassische PowerPoint-Ästethik hinausführen, lässt sich beispielsweise auf Piktochart zurückgreifen. Piktochart stellt einen Online-Editor mit fertigen Vorlagen für Infografiken zur Verfügung. Diese können ergänzt oder neu gestaltet werden. Das Resultat kann man als Bilddatei herunterladen. Piktochart ist kostenlos, bietet aber eine Bezahl-Version mit Erweiterungen an (www.piktochart.com).
Als offene Form, Ideen und Begriffe zu strukturieren, geniessen Mindmaps einen guten Ruf. Neben bekannten Desktop-Programmen wie FreeMind oder MindJet lohnt sich der Blick auf browserbasierte Lösungen. Hier ist mit “GoConqr” ein neuer Anbieter am Markt. “GoConqr” legt Mindmaps an, die mit Text, Bild oder Symbolen geordnet werden können (www.goconqr.com). Die erstellten Mindmaps kann man teilen oder zusammen weiterbearbeiten. In einfacher und klarer Form kommt Coggle daher. Hier orientiert sich die Darstellung der Mindmaps an Pfeillinien und ist weniger variabel, dafür ist die Oberfläche aufgeräumt (www.coggle.it).
Wer Informationen auf einer Zeitenleiste flexibel arrangieren will, findet mit “Timeline Project” für Windows und Linux (www.goo.gl/T3Foo1) oder “Timeline3D” für OS X (www.goo.gl/r2Rr1b) mögliche Programme. Mit “Timeline 3D” kann man eine chronologische 3D-Ansicht darstellen und Text, Fotos, Videoclips oder Dokumenten  hinzuzufügen. Für den vollen  Funktionsumfang fallen rund 20 Franken an.  “Timeline Project” ist kostenlos, jedoch in der Bedienung und den Möglichkeiten eingeschränkter.
Im Bereich der Geodaten hat die Visualisierung in den vergangenen Jahren grosse Fortschritte erzielt. Wer würde heutzutage auf GoogleMaps verzichten wollen? Gut gestaltete thematische Karten machen auf einen Blick klar, was sich mit Zahlen oder Worten nur schwer vermitteln lässt. Ein passendes Werkzeug dazu ist GeoCommons. Damit können geobasierte Datenreihen auf Karten übertragen und grafisch angepasst werden (www.geocommons.com). Der Schweizer Open-Source-Spezialist Martin Sauter beschreibt auf seinem Blog weitere Tools für die digitale Kartografie (www.vogelschau.ch).
Der Königsweg der Datenvisualisierung – diese interaktiv zu animieren – ist technisch anspruchsvoll und zeitaufwändig. Hier lohnt sich der Vergleich von professioneller Software eher als die Suche nach Online-Applikationen. Einen Einstieg bietet die Zusammenstellung auf creativebloq.com, die verschiedene  Produkte vorstellt (www.goo.gl/ZcROiF).
Nach wie vor gern gesehen und einfach umzusetzen sind die “Wortwolken”. Das entsprechende Angebot ist zwar seit Jahren das gleiche, hat’s aber immer noch drauf: www.wordle.net
 

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