Sprachrohr ohne Ende

1. Februar 2008

Das Schloss für wahre Buchstabenkönige: lilibu.ch

Die UNESCO widmet das Jahr 2008 den Sprachen. Da hat das Internet ein Wörtchen mitzureden, zum Beispiel wenn’s um gutes Deutsch geht.

„Internationales Jahr des Planeten Erde“, „Internationales Jahr der Kartoffel“ und „Internationales Jahr der Sprachen“: Diese Schwerpunkte setzt die UNESCO 2008. Mit ihrem Fokus auf Sprachen beabsichtigt sie „die Förderung der mehrsprachigen Ausbildung und den Schutz gefährdeter Sprachen“. Auf ihrer Homepage listet die UNESCO bemerkenswerte Fakten zum weltweiten Sprachkanon auf. So sterben jährlich zehn Sprachen aus; 1000 der rund 6000 gegenwärtig geläufigen Sprachen sind auf Neuguinea beheimatet; in Afrika gibt es über 200 Sprachen, die von weniger als 500 Menschen gesprochen werden.

Eine feine „Anti-Pastiplatte“

Wer sich für Ursprung und Entwicklung von Sprachen interessiert, wird insbesondere auf www.weikopf.de reich belohnt. Sprachfamilien, Schriftsysteme, Phonetik und mehr: weikopf.de ist eine prima Adresse zum Eintauchen in die Welt der Sprachen.

Dass sich auch in die zuweilen ungeliebten, orthographischen Gefilde einer Sprache lustvoll eintauchen lässt, beweist Bastian Sick mit seinen Zwiebelfisch-Kolumnen, die er in der Buchreihe „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ überaus erfolgreich veröffentlicht. Mit viel Wortwitz und Charme weist er darin auf die Irrungen deutscher Zeitgenossen hin, wenn diese beispielsweise „Wahnsinn gratis“, „Anti-Pastiplatten“ oder die Dienste ihres „Copy Schopps“ anbieten. Sicks Kolumnen sind online abrufbar (www.spiegel.de/zwiebelfisch) und eignen sich bestens für inspirierende Rechtschreibesequenzen.

Schifffahrt oder Schiffahrt, schuld sein oder Schuld sein? Für solche Fragen bieten sich Websites wie www.canoo.net oder www.duden.de an. Einiges ausgefeilter sind das Wortschatz-Sammelwerk der Uni Leipzig (www.wortschatz.uni-leipzig.de) sowie das Portal des Instituts für deutsche Sprache der Uni Mannheim (www.ids-mannheim.de). Ersteres verweist auf die Häufigkeit eines Wortes, auf dessen Synonyme und auf passende Formulierungen – letzteres repräsentiert eine immense Fülle an Hinweisen zur Grammatik und zu lexikalischen Fragen.

Keineswegs zu verstecken brauchen sich im Internet unsere Deutschschweizer Dialekte. Mit www.dialekt.ch besteht eine Übersichtsseite, die über ausgezeichnetes Audiomaterial verfügt. Eine katalogisierte Sammlung von Dialektbegriffen vereint www.dialektwoerter.ch, und für Zungen, die auf der Suche nach ihrer sprachlichen Heimat sind, steht http://dialects.from.ch mit seinem „Chochichäschtli-Orakel“ bereit.

„Neue Anforderungen“

Das Internet – eine Chance für den Deutschunterricht? Diese Frage bejaht Ruth Gschwend, Dozentin für Deutschdidaktik an der PH FHNW in Aarau. „Dass durch die neuen Medien mehr Texte andern zugänglich gemacht werden, scheint mir eine grosse Chance“, sagt Gschwend. „Texte im Internet stellen aber auch neue Anforderungen an die Lesefähigkeit und die Lesegewohnheiten. Das nichtlineare Lesen im Hypertext, das zielgerichtete Suchen von Begriffen oder das Beurteilen des Gelesenen sind insbesondere für schwächere Leserinnen und Leser nicht selbstverständlich und müssen gelernt und geübt werden.“ Um dieses Rüstzeug den angehenden Lehrpersonen der Sekundarstufe mitzugeben, werde das Internet auch in deren Ausbildung mit einbezogen. Neben Schwerpunkten wie der Medienwelt der Jugendlichen gehe es im Speziellen ums Schreiben im Netz, um digitale Literatur oder um neue Textformen. „Wichtig erscheint uns, dass die Studierenden selber kompetente und interessierte Mediennutzerinnen und Mediennutzer werden“, erläutert Ruth Gschwend.

Eine gute und ausführliche Linkliste zur Leseförderung hat das Schweizerische Institut für Kinder- und Jugendmedien (www.sikjm.ch) zusammengestellt. Um Schreibprozesse anzuregen, eignen sich www.lilibu.ch (eine kindergerecht gestaltete Website zum Schreibenlernen), www.mymoment.ch sowie www.netzdinger.ch (Homepages fürs interaktive Schreiben und den Austausch von Geschichten), www.minibooks.ch (eine Anleitung, wie aus einer A4-Seite ein kleines Buch werden kann) oder www.schulhausroman.ch (ein Internetprojekt zum partizipativen Schreiben im Schulhaus).

Neben den bekannten, Google-gefestigten Bildungsservern hält auch der deutsche Lehrer Ralf Arndt eine umfassende, strukturierte Linksammlung für den Deutschunterricht bereit (http://snurl.com/1xfpu).

Nathalie Vital, Dozentin für Deutschdidaktik der Primarstufe an der PHZH, hebt für den Deutschunterricht weitere Homepages hervor: ein Buchportal für Schülerinnen und Schüler (www.antolin.de), Übungen für den Profax-Kasten und das ergänzende Lernprogramm (www.profax.ch), ein Programm zum Erstellen von Arbeitsblättern (www.lingofox.de) oder eine informative Website der deutschen Didaktikerin Dagmar Wilde mit ausgereiften Tipps und Links (www.dagmarwilde.de) . Neben Vorteilen sieht Vital in der Internetnutzung aber auch Risiken für die Sprachentwicklung. „Sprachlicher Aktivismus ohne klaren Aufbau, Ablenkung der Kinder durch Links, erschwerte Entwicklung des Denkens in grösseren Zusammenhängen durch das Lesen in nichtlinearen Hypertext-Strukturen: Wir wissen noch wenig darüber“, erklärt Nathalie Vital.

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