Über Bücher sprechen? Booktube!

1. Juli 2018
Über Bücher sprechen? Booktube!

Robin stellt im Thurgauer Booktuber-Wettbewerb das inoffizielle Handbuch zu Pokémon Go vor. (Bild: Kantonsbibliothek Thurgau)

Wer auf dem Buchmarkt bestehen will, darf Social-Media-Kanäle nicht vernachlässigen. Eine wichtige Rolle nehmen dabei Booktuber ein.

Wenn Theresa Leikauf vor ihrem Bücherregal sitzt, sehen ihr Tausende zu. Die 15-jährige Schülerin aus Bayern stellt auf ihrem Youtube-Kanal “Leseeule Theresa” Bücher vor, die sie liest. Da reihen sich Harry Potter, Fantasy- oder Liebesromane und auch Biographien aneinander. Als junge Booktuberin erklärt sie Bücher so, wie sie jedes Kind versteht. Mit einer einfachen Sprache, immer den Charakteren und der Handlung entlang. Und sie liefert als “Digital Native” den Gegenbeweis dafür, dass Lesen in ihrer Generation aus der Mode gekommen ist. Was Theresa ab und zu beklagt, ist ihr viel zu hoher SuB. Ein SuB? Steht bei den Booktubern für Stapel ungelesener Bücher.

Buchblogger, Booktuber und Co. sind daran, sich im Literaturbetrieb zu etablieren. Auf ihren Kanälen besprechen sie Neuerscheinungen, Klassiker oder Genres, die sie mögen. In Texten, Videos, Fotos oder Podcasts geben sie Lesetipps und regen spannende Diskussionen an. Anders als das Feuilleton in den Printmedien richten sich Booktuber und Buchblogger auf eine spezifische Zielgruppe oder auf eine Nische aus. Es gibt die Jungmutter, die Bilderbücher für Kleinkinder bespricht, den Krimifreak, der neue Fälle vorstellt, ohne sie aufzulösen oder das Mädchen, das vor seinem farbig sortierten Bücherregal Liebesromane bespricht. Charakteristisch ist in allen Fällen, dass Booktuber auf Augenhöhe mit ihrer Community kommunizieren. Persönliche Empfehlung zählt mehr als messerscharfe Textanalyse und fundierte Kritik. Das macht diese Form auch für Jugendliche zugänglich, da man frisch von der Leber weg auftreten kann. Wer zeigt, dass Lesen Spass macht, hat das Publikum auf seiner Seite.

Buchblogs an der Buchmesse

Diese Entwicklung hat auch die Verleger auf den Plan gerufen. So zeichnete die Frankfurter Buchmesse 2017 erstmals Buchblogs aus. Waren für den Deutschen Buchpreis 20 Neuerscheinungen nominiert, führte die Liste für den Buchblog-Award 400 Blogs und Social-Media-Kanäle auf. Neben konventionellen Blogs zählen Videoblogs, Podcasts und Instagram-Profile zu den verbreiteten Formaten. Gewonnen haben die erste Ausgabe der Blog “Der Kaffeehaussitzer” sowie der Instagram-Auftritt @literarischernerd. Hinter beiden stehen Buchhändler, die ihre berufliche Erfahrung nutzen, um Menschen und Literatur im Internet zusammenzubringen (www.buchblog-award.de).

In der Deutschschweiz sucht man Booktuber bislang vergeblich. “Der Einfluss ist bei uns kaum spürbar”, sagt Dani Landolf, Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbands SBVV. “Allenfalls in kleinen Genre-Nischen, beispielsweise Fantasy.” Trotzdem sei das Bewirtschaften der digitalen Kanäle für die Verleger insgesamt wichtig. “Verlage schicken Bloggern und Booktubern Leseexemplare sowie Buchvorschauen und suchen generell den Kontakt mit ihnen. So hat der SBVV an der letztjährigen Frankfurter Buchmesse ein Speed-Dating zwischen deutschen Bloggern und Schweizer Verlagen veranstaltet”, erklärt Landolf. Dadurch versuche man zu kompensieren, was an Berichterstattung über Literatur in den klassischen Medien eingespart worden sei und weiter eingespart werde.

Während bei den hiesigen Booktubern Funkstille herrscht, so gibt es bei Bücherblogs eine Deutschschweizer Szene, die seit einigen Jahren aktiv ist. Beispiele wie lesefieber.ch, verantwortet von der Buchhändlerin Manuela Hofstätter, “Favolas Lesestoff” für Kinder- und Jugendliteratur oder “Bücher in meiner Hand” der Zürcherin Anya Peter sind Beleg dafür.

Booktuber-Wettbewerb in der Schule

Wie das Phänomen Booktube in der Schule ankommt, zeigt der 2017 vom Kanton Thurgau lancierte Booktuber-Wettbewerb. Entstanden in der Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Volksschule und der Kantonsbibliothek, will der Wettbewerb die Medienbildung fördern und die Kooperation zwischen Schulen und Mediotheken stärken. 26 Schülerinnen und Schüler haben in der Erstausgabe ihre Rezensionen auf Youtube gestellt. Diese durften maximal zwei Minuten dauern und mussten eigenständig mit dem Smartphone, dem Tablet oder einer Digitalkamera aufgenommen und nachbearbeitet werden. Die Beiträge sind auf Youtube unter “Booktuber Thurgau” auffindbar und zählen zu den gelungenen Beispielen, wie sich digitale Medien in den Sprachunterricht integrieren lassen.

1807.pdf (148.18 KB)

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