Unterricht ohne Ansteckungsgefahr

1. Oktober 2009

Eines der am meisten verbreiteten Learning Management Systeme: Moodle.

Konzepte für Fernunterricht oder internetgestützte Unterrichtsbegleitung sind an Schweizer Schulen dünn gesät. Doch was sich im Hochschulbereich längst etabliert hat, dürfte künftig auch in der Volksschule Fuss fassen.

„Schweinegrippe stellt Schulanfang in Frage“, „Verlängert die Schweinegrippe die Sommerferien?“, „Kindergarten wegen Schweinegrippe geschlossen“: Diese und ähnliche Schlagzeilen begleiteten den diesjährigen Schuljahresbeginn. Bund und Kantone sensibilisierten Schulleitungen und Lehrpersonen, in den Vordergrund rückten vorerst Hygienemassnahmen. Passiert ist (bisher) wenig. Bis auf einen Kindergarten im aargauischen Buchs, der während einer Woche geschlossen blieb, verlief der Unterricht an Schweizer Schulen nach Plan. Doch was wäre im Falle einer pandemischen Ausbreitung der Schweinegrippe passiert? Wäre an Unterricht überhaupt noch zu denken gewesen?

Eine mögliche Antwort lieferte SF Wissen mySchool in seinem Newsletter im August: „Falls die Schulen im Herbst 2009 wegen einer Grippe-Epidemie den Unterricht reduzieren müssten, wäre das mySchool-Angebot auf www.myschool.sf.tv mit gestreamten Filmen, Beobachtungsaufträgen und E-Learning-Material eine interessante Möglichkeit, um den Unterricht wenigstens teilweise zu Hause durchführen zu können – unter Einsatz des Internets.“ In der Tat verfügt das Multimedia-Angebot von SF Wissen mySchool über die nötige Struktur und Qualität, um in einem didaktischen Szenario des Fernunterrichts eingesetzt zu werden. Arbeitsblätter und –aufträge begleiten die Filmsequenzen und Themen, interaktive Elemente wie Memorys oder Quiz ergänzen die Lernsituationen.

WWW + Lernen = LMS?

Neu ist die Idee des Fernunterrichts nicht: So ist es in Neuseeeland seit Jahrzehnten gang und gäbe, schulische Inhalte über das Radio zu verbreiten und damit Kinder auf entlegenen Höfen zu unterrichten. In jüngster Vergangenheit hat das Internet hier stark an Bedeutung gewonnen. Ein Beispiel ist der Verbund der Coronet Schools (www.coronet.school.nz), ein neuseeländisches Netzwerk für Fernunterricht, das Schülerinnen und Schülern via Internet eine breite Palette an Kursen offeriert. Einen Testlauf in Fernunterricht via Internet startete vor zwei Monaten auch das norddeutsche Bundesland Schleswig-Holstein. Die Schülerinnen und Schüler der Inselgruppe Halligen lernen neu per Fernunterricht Englisch (www.snurl.com/ru5w4). Um grössere Lerninhalte online sinnvoll strukturiert anbieten zu können, greifen Schulen auf so genannte Learning Management Systeme (LMS) zurück. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um ein Softwarepaket, das auf einem Webserver läuft, Lerninhalte bereitstellt und die Kommunikation zwischen Lehrpersonen und Lernenden ermöglicht. Auf der Ebene der Hochschulen gehören LMS zum Standard. Eine Übersicht über die an den Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz verwendeten LMS hält die „Fachgruppe eLearning“, ein Zusammenschluss von ICT-Experten, bereit (www.fachgruppe-elearning.ch).

Mit dem Mäuselabor besteht seit kurzem eine für die Volksschule konzipierte, frei verfügbare Version eines LMS (www.maeuselabor.info). Kindergerecht dargestellt, bietet das Mäuselabor Funktionen für das virtuelle Schulzimmer an: ein Klassentagebuch, eine Textwerkstatt, ein Klassenlexikon oder auch einen Pausentreff. Installieren lässt sich das Softwarepaket auf jedem Webserver, der gängigen Anforderungen entspricht. Wie Kinder mit dem Mäuselabor arbeiten können, illustriert das Laborhandbuch (www.snurl.com/ru6km). Ins Leben gerufen hat diese Lernplattform der deutsche Grundschullehrer Florian Emrich. Er beschäftigte sich während seiner Ausbildung mit neuen Medien und entwickelte zeitgleich das Mäuselabor. Emrichs Ausgangslage war das weit verbreitete LMS Moodle (www.moodle.de), das in über 200 Ländern zum Einsatz kommt.

Für langfristiges, gruppendynamisches Lernen via Internet bilden Learning Management Systeme eine gute Basis. Sie sind aber nicht Allerweltsheilmittel – in Einzelfällen lässt sich mit klassischen Web-2.0-Anwendungen (Wikis, Blogs, Podcasts, ...) der gleiche Lerneffekt erzielen.

Die feste Grösse: educanet2

Zusammen lernen, arbeiten und kommunizieren: Diese Funktionen bieten sich für Schweizer Schulen auch durch educanet2.ch, der grössten Bildungs-Community. In diesem Herbst plant educanet2, ein neues Autorensystem anzubieten, das die Produktion und Veröffentlichung von Übungen, Tests und anderen Lerninhalten vereinfachen soll.

Als weitere Variante, Unterrichtsmaterial online an eine Gruppe zu verteilen, kommen strukturierte Mailinglisten in Frage. Das kostenpflichtige Programm MedioMailer des Unternehmens freimultimedia.ch professionalisiert diesen Kommunikationskanal: Eine Datenbank speichert elektronische Dokumente und ordnet diese nach Themen oder Fächern. Der Versand an die Mailempfänger erfolgt ebenfalls über eine Datenbank. Auf diese Weise können gesendete Dokumente mit Namen der Empfänger protokolliert und die erledigten Aufgaben dokumentiert werden.

10_09_LMS.pdf (136.25 KB)

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