Zeig dein Gesicht!

1. Februar 2010

Sprachen lernen auf Facebook? Das soziale Netzwerk vereint Menschen aus über 70 Sprachregionen.

Facebook hat 2009 alle Web-2.0-Mitstreiter hinter sich gelassen. Doch neue Trends lassen nicht auf sich warten. Cloud Computing heisst das Zauberwort der Stunde.

Als am Abend des 12. Januars die Meldung eines starken Erdbebens in Haiti um die Welt ging, flimmerten die ersten Bilder dazu nicht über die Fernsehstationen, sondern auf Facebook. Aufgrund der zusammengebrochenen Stromversorgung in Port-au-Prince konnten Reporter keine Beiträge aus Haiti senden. Newsredaktoren sahen sich gezwungen, das Internet nach Bildmaterial zu durchforsten. Als wahre Goldgrube erwies sich Facebook. Dort veröffentlichten unzählige Betroffene Handybilder, die das Ausmass des Erdbebens erahnen liessen. So stammten die Bilder, die CNN in den ersten Stunden nach dem Erdbeben zeigte, ausnahmslos von Facebook. Der Gründer von Facebook, Mark Zuckerberg, wird beim Aufbau seines Kontaktnetzwerks wohl kaum je daran gedacht haben, dass dieses einst als Quelle für CNN herhalten würde. Doch stören wird es ihn keineswegs. Der 25-Jährige wurde dank Facebook zum Marktwert-Milliardär, und ein Abebben seiner Erfolgswelle ist nicht in Sicht. Der Indexdienst Alexa.com, der Webseitenzugriffe zählt, führt das Communiy-Portal auf Platz zwei der weltweit am meisten aufgerufenen Websites auf. Platz eins besetzt – wen wundert’s? – Google.

Ein offenes „Buch“

Freunde finden und mit ihnen kommunizieren, Bilder oder Videos veröffentlichen, Gruppen bilden und Fanseiten gründen, Veranstaltungen bewerben, Nachrichten hinterlassen und kommentieren: Facebook bietet seinen Nutzern eine Menge. Kostenlos. Der einzige Preis ist die Offenheit. Denn wer meint, er zeige seine Informationen auf Facebook bloss seinen akkreditierten Freunden, irrt. Private Nutzerdaten wie Name, Profilbild, Geschlecht, Wohnort oder Zugehörigkeit zu Fanseiten können alle registrierten Mitglieder sehen; Suchmaschinen finden zumindest den Namen und die eigene Freundesliste.

In der Schweiz sind 1,8 Millionen Personen bei Facebook angemeldet, rund 70 000 davon sind jünger als 15 Jahre. Kritiker von Facebook führen ins Feld, dass der Umgang mit Daten teilweise fahrlässig sei. Unterschiedliche Versuche haben gezeigt, dass vermeintlich abgeschirmte Daten nicht immer sicher sind. Befürworter hingegen sehen in Facebook, und ganz allgemein in Web-2.0-Anwendungen, eine neue Nutzung des Internets, die den Austausch und den Informationszugang erleichtert. Klar ist: Facebook ist ein kommerzieller Anbieter, dessen Marktwert mit jedem neuen Nutzer steigt. Ein kostendeckendes Geschäftsmodell hat die Website laut Branchenkennern (noch) nicht gefunden, verantwortlich dafür sind die hohen Kosten an Infrastruktur und die expansive Strategie. Auf der Habenseite schlagen sich, analog zu Google, Werbeeinnahmen nieder, die dank sogenanntem „Targeted Advertising“ – gezieltem Werben – stetig steigen. Sympathisch ist hierbei, dass Facebook dem Nutzer die Möglichkeit offen lässt, störende Werbeinhalte auszublenden.

Aus medienpädagogischer Sicht gehört ein geschulter Umgang mit dem „Mitmachweb“ zu einem absoluten Musts, sind doch diese auf Austausch und Interaktion ausgerichteten Angebote gerade bei jungen Surfern äusserst beliebt und im Alltag präsent. Wer Schülerinnen und Schüler mit sozialen Netzwerken vertraut machen will, ist mit klicksafe.de, rpi-virtuell.net oder lehrer-online.de gut beraten. Alle genannten Websites erläutern in Dossiers oder Lehrerhandbüchern konkret Chancen und Gefahren des Austausches im WWW. Wie sich mit Facebook im Unterricht arbeiten lässt, illustrieren mehrere Erfahrungsberichte oder Anleitungen.  Gerade zum Sprachenlernen existieren bereits diverse Gruppen auf Facebook, denen man sich anschliessen kann. Auf den Einsatz von sozialen Netzwerken im Sprachenunterricht geht der deutsch Lehrer Ralf Klötzke auf seinem Blog ein. Hilfreich ist seine Auflistung von weiteren Quellen, die sich mit dem Unterricht beschäftigen (www.bit.ly/4WHDv). Dass sich soziale Netzwerke besonders für den „digitalen Klassenaustausch“ eignen, zeigt die Medienpädagogin Gabi Reimann in einem ausführlichen Bericht, der auch ein Fallbeispiel enthält (www.bit.ly/9Fpjei).

Der Computer in der Wolke

Facebook und Co. dominieren derzeit das Internet. Doch was kommt morgen? Wenn Internetspezialisten zu Trends im WWW befragt werden, ist auffällig verdächtig oft vom Begriff „Cloud Computing“ die Rede. Waren und sind Web-2.0-Anwendungen zu einem grossen Teil dazu da, Inhalte zu produzieren und online zu speichern, steht mit dem „Rechnen in der Wolke“ ein Paradigmenwechsel der Betriebssysteme an. Cloud Computing verfolgt das Ziel, mittels vernetzter Rechnersysteme (die bildhaft ausgedrückt in einer Wolke organisiert sind) das Betriebsystem auf Servern zu betreiben und so Funktionen des lokalen Computers zu übernehmen. Konkretes Beispiel hierzu ist das Online Operating System oos.cc. Wer einen Blick in die Zukunft wagen möchte, kann sich registrieren und auf ein virtuelles Betriebssystem zugreifen.

2_10_facebook.pdf (167.1 KB)

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