1. Januar 2017
Mit der App „ArtShaker“ lassen sich klassische Kunstwerke neu interpretieren.
Wenn am 11. Januar die Elbphilharmonie ihre Tore öffnet, blickt die kulturaffine Welt nach Hamburg. Doch auch hiesige Kulturinstitutionen lohnen den Blick, einige machen sich den digitalen Wandel in der Kulturvermittlung zunutze.
Sie stellt Hamburgs Hafenkräne und Leuchttürme locker in den Schatten, die Elbphilharmonie. Zwar mussten sich die Hansestädter bei einer Bauzeit von 13 Jahren über Gebühr gedulden, bis das von Herzog & de Meuron geplante Wahrzeichen am Hafen Wirklichkeit wurde. Doch das Musikprogramm mit internationalem Renommée dürfte innert kurzer Zeit für das Warten entschädigen. Einen Schwerpunkt legt das neue Konzerthaus zudem auf die Kulturvermittlung für die junge Generation. Jedes Hamburger Schulkind solle mindestens einmal in der Elbphilharmonie gewesen sein, wünscht sich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. Herzstück ist die sogenannte Instrumentenwelt – 400 Instrumente warten darauf, von Gruppen erkundet zu werden. Dazu gesellt sich eine Klangsafari: Mithilfe einer App können die Kinder und Jugendlichen alles aufnehmen, was ihnen bei ihrem Streifzug durchs Gebäude akustisch begegnet. An Fensterscheiben pochen, an Wände klopfen, Türen knarren lassen oder in die Hände klatschen: Erlaubt ist, was tönt. So lernen die Kinder das Konzerthaus als Klangkörper kennen und entwickeln aus den Klangschnipseln ihre eigene Collage.Teilhabe am öffentlichen Raum
Das Beispiel der Elbphilharmonie verdeutlicht, dass neue Medien in der Kulturvermittlung eine wichtige Rolle einnehmen. Einerseits weil sie Inhalte ortsungebunden vermitteln, andererseits weil sie auf einfache Weise zum Mitmachen und Handeln animieren. Wie sich dies auf Kunstwerke im öffentlichen Raum übertragen lässt, zeigt das Projekt “pARTicipate” der Hochschule der Künste Bern. Hier rücken die zahlreichen Kunstwerke im öffentlichen Raum ins Zentrum. Mit der App “Particip” erhält man als Passant relevante Informationen zu einem Kunstwerk, die vielerorts fehlen: Wer hat das Kunstwerk gemacht? Welche Gründe führten dazu? Wie heisst die Arbeit? “Particip” ermöglicht es, Beiträge zu ergänzen oder zu erfassen, was aber ein fundiertes Wissen voraussetzt. Was einfacher ist: Man kann den Zustand eines Kunstwerks melden, insbesondere bei Beschädigungen. Bislang konzentriert sich die App auf den Raum Bern und Freiburg, eine Erfassung weiterer Regionen ist geplant.
Im Bereich der Baukunst verfolgt die App “Swiss Squares” des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA ein ähnliches Ziel. Im Fokus steht die Baukultur auf öffentlichen Plätzen. Einzelheiten wie Lage, Nutzung und Entwicklung kommen genauso zur Geltung wie bauliche Artefakte und eine städtebauliche Sicht. Die App arbeitet mit Augmented Reality. Bilder der Plätze lassen sich basierend auf GPS-Daten in das Kamerabild eines Smartphones oder Tablets einblenden. So ist es möglich, die aktuelle Situation mit der Vergangenheit, mit künftigen Gestaltungen oder mit alternativen Planungen zu vergleichen. Bislang sind Plätze der Städte Aarau, Bern, Biel, Schaffhausen, Thun, Winterthur, Zug und Zürich eingelesen. Basel und Sion folgen 2017.
Geschüttelte Kunstwerke
Eine vielseitige Zusammenstellung an Apps und Webauftritten für die digitale Kulturvermittlung findet man auf kultur-vermittlung.ch, einer vom Bund geförderten Plattform. Einige Kantone sammeln ihre Vermittlungsangebote auf eigenen Auftritten, beispielsweise schukulu.ch oder schuleundkultur.zh.ch. Als Übersicht für Museen in der Schweiz ist museums.ch die beste Anlaufstelle und auch als gleichnamige App erhältlich. Konkret auf den Museumsbesuch mit Schulen angelegt sind die Tipps und spielerischen Zugänge auf museumslupe.ch.
Was heutzutage auf kaum einem Smartphone fehlt, sind Bildbearbeitungs- und Fotofilter-Apps. Ob Instagram oder Prisma, es gibt unzählige Anwendungen, die sich mit der Bildverfremdung beschäftigen. Die Fondation Beyeler hat diesen Trend mit ihrer Museums-App aufgegriffen. Mit „ArtShaker“ lassen sich selbst aufgenommene Fotos oder Bilder des Museums verändern, bearbeiten und in neue künstlerische Werke verwandeln. Wer ein Bild schüttelt oder mit einem Filter einer Kunstepoche versieht, kann sich auf überraschende Resultate gefasst machen. Gerade die integrierten Epochen, die von zeitgenössischer Kunst bis zum Impressionismus reichen, verknüpfen Kunstbetrachtung, Kunstgeschichte und kreatives Schaffen in intuitiver Art und Weise.
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