Gehört schon bald der Vergangenheuit an: educanet2 wird Ende 2020 eingestellt.
Mit dem offiziellen Ende von educanet2 ist die Frage nach Arbeits- und Kommunikationsplattformen für den Unterricht neu lanciert. Viele Kantone setzen künftig auf Office365. Doch es gibt Alternativen.
Im vergangenen November hat educa.ch bekannt gegeben, educanet2 Ende 2020 einzustellen. Die Lernplattform war seit 2004 in Betrieb, aktuell nutzen sie noch 20% der Primar- und Sekundarschulen. In den Deutschschweizer Kantonen hat diese Ankündigung keine grosse Wellen geworfen. "Bisher haben kaum Schulen wegen der Abschaltung von educanet2 nachgefragt", sagt Erwin Sommer, Vorsteher des Amts für Kindergarten, Volksschule und Beratung der Berner Erziehungsdirektion. "Im Kanton Bern kommt auf der Volksschulstufe verbreitet Office365 zum Einsatz." Bevor die Erziehungsdirektion einen Nachfolger von educanet2 empfehle, warte man die Resultate der Fachagentur educa.ch ab. Diese stelle für 2019 in Aussicht, Rahmenverträge mit weiteren Anbietern abzuschliessen, so Erwin Sommer. Ähnlich tönt es auf Nachfrage in anderen Kantonen. So hat Glarus bereits vor dem Ende von educanet2 entschieden, flächendeckend Office365 einzuführen. Der Kanton Graubünden hingegen verzichtet auf eine Empfehlung zu einem Nachfolger von educanet2 und überlässt diesen Entscheid den Schulgemeinden.
Wo sind die Daten?
Die Palette an digitalen Arbeits-, Lern- und Kommunikationsplattformen ist breit. Um eine datenschutzkonforme Nutzung zu ermöglichen, schliesst educa.ch mit Anbietern Rahmenverträge ab, aktuell liegen solche mit Microsoft und Univention vor. Denn das ist der Preis von Gratis-Plattformen: Die schuleigenen Daten liegen auf deren Servern. Und trotz Rahmenverträgen sind Datenschutz und Datennutzung immer wieder ein Thema. So wurde im vergangenen Dezember publik, dass so genannte Diagnosedaten aus Office365 an Microsoft fliessen. Erst mit der neuen Version von Office365 ProPlus, die seit April verfügbar ist, kann man diese Übermittlung einschränken oder ausschalten.
Neben Office365 ist Google Classroom die bekannteste Lernumgebung, die Lern- und Übungsaufgaben, Kollaboration und Kommunikation anbietet. In den USA oder in Schweden nutzt eine Mehrheit der Schulen Google Classroom. In der Schweiz ist die Plattform wenig verbreitet, wohl auch, weil noch kein Rahmenvertrag vorliegt. Eine Vorreiterrolle nimmt die Schule Konolfingen ein. Sie arbeitet seit Jahren mit Google Classroom und Chromebooks.
Will eine Schule oder ein Kanton die Schuldaten in eigener Hoheit verwalten, so kommen dafür auch Open-Source-Lösungen in Frage. Das deutsche Unternehmen Univention bietet mit „UCS@school“ eine IT-Umgebung an, die vom Schulsekretariat bis zu Lernanwendungen im Unterricht alle Funktionen abdeckt. Univention hat seit 2016 einen Rahmenvertrag mit educa.ch. Eine konsequente Open-Source-Strategie verfolgen die Berner Stadtschulen mit „base4kids 2“ . Dieses umfassende Schulinformatik-Projekt basiert auf Open-Source-Anwendungen, die allesamt auf stadteigenen Servern laufen (s. Bildungsnetz 02/19).
Für das Unterrichtsgeschehen spielen Learning Management Systeme eine zentrale Rolle. Hier haben sich Moodle und Ilias einen Namen gemacht. Ilias kommt an den Schulen der Stadt Basel zum Einsatz, während Moodle an vielen Mittelschulen und Gymnasien zum Alltag gehört. Über Erfahrung mit Moodle verfügt Claudio Jäger, Oberstufenlehrer im Schulhaus Leutschen in Freienbach. Er setzt die Lernplattform seit sechs Jahren im Unterricht ein. "Ich stelle den Schülerinnen und Schülern Arbeitsblätter, Aufträge oder auch Online-Tests zur Verfügung", sagt Claudio Jäger. "In Moodle kann man thematische Kurse anlegen und unterschiedliche Materialien erfassen. Das kann ein Dokument sein, das ich dort ablege, ein Link auf eine Internetseite oder eine von Moodle angebotene Lernanwendung, beispielsweise Tests oder Quizformen." Dies erleichtere den Unterricht in Kleingruppen, da ein Teil der Klasse selbständig arbeite und er den Lernstand nachher abrufen könne. Bei den Schülerinnen und Schülern seien vor allem die Online-Tests beliebt. "Das selbstorganisierte Lernen lässt sich mit Moodle ideal unterstützen, die Jugendlichen kommen mit der Plattform gut zurecht. Als Lehrpersonen darf man aber den Aufwand nicht unterschätzen, wenn man abwechslungsreiche Kurse anlegen will." Trotz dieser positiven Erfahrungen läuft die Zeit von Moodle in Freienbach ab. "Die Gemeinde hat entschieden, Office365 einzusetzen, wir werden in absehbarer Zukunft wechseln", sagt Claudio Jäger. Er blickt zwar mit etwas Wehmut auf diesen Wechsel, ist aber überzeugt, dass guter Unterricht mit digitaler Unterstützung unabhängig von einer Plattform möglich ist. "Es ist der Umgang der Lehrperson, der über den Erfolg entscheidet.“