Jeden Franken zweimal umdrehen

1. Oktober 2010

Was heisst es, von Sozialhilfe leben zu müssen? Das Online-Spiel zur Ausstellung „Im Fall“ beantwortet diese Frage.

2010 ist das europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Sensibilisieren helfen soll dabei auch das Internet.

Die Europäische Union widmet das Jahr 2010 der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Dieses Engagement hat die politische Schweiz veranlasst, sich genauer mit dem Thema Armut zu beschäftigen. Im Bericht „Gesamtschweizerische Strategie zur Armutsbekämpfung“, erschienen im vergangenen April, legt der Bund drei inhaltliche Schwerpunkte fest: Förderung der Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich, eine verbesserte Reintegration in den Arbeitsmarkt und die Bekämpfung der Familienarmut. Die im Bericht enthaltenen Empfehlungen richten sich grösstenteils an Kantone und Gemeinden, da diese für das Bildungs- und Sozialwesen verantwortlich sind. Was der Bund selber an die Hand genommen hat, ist die Einführung des Case Managements in der Berufsbildung. 20 Millionen Franken werden dazu aufgewendet. Jugendliche und junge Erwachsene, die den Sprung in die Berufsausbildung nicht auf anhin schaffen, erhalten dadurch gezielte Unterstützung von Fachpersonen.

Arm, wer nicht darüber spricht

Über Armut zu sprechen oder gar einzugestehen, dass man selber arm ist, gehört in der reichen Schweiz zu den gern verschwiegenen Tabus. Je nach Definition von Armut leben zwischen 5 und 9 Prozent der Schweizer Bevölkerung unter der Armutsgrenze, zu den Risikogruppen gehören unter anderen Familien mit mehr als vier Kindern. Und gerade Kinder und Jugendliche bekommen den Druck ihrer Peer-Groups sehr schnell zu spüren, wenn Kleidung oder Accessoires wie Mobiltelefone nicht dem „angesagten“ Trend entsprechen. Wer hier finanziell nicht mitzuhalten vermag, droht leicht zum Aussenseiter zu werden. Und das Wissen um Geldnot zuhause belastet betroffene Jugendliche mitunter auch psychisch. Mit der Kampagne „Armut halbieren“ setzt Caritas Schweiz seit Ende 2009 mit diversen Veranstaltungen und Aktionen in der Öffentlichkeit Akzente. Passend dazu bietet youngcaritas.ch die Infomappe „Armut in der reichen Schweiz“ an, die sich mit weiteren Unterrichtsvorschlägen bis hin zum Schulbesuch von Caritas-Fachleuten ergänzen lässt (www.youngcaristas.ch). Ursprünglich ausgerichtet auf die SekII-Stufe, sind diese Ideen durchaus für die Oberstufe adaptierbar. Wer von Armut betroffen ist und welche Ursachen sie hat, beleuchtet das Dossier „Armut – in der reichen Schweiz“ von DRS 2 (www.bit.ly/d45Cgf). Reportagen und Berichte verschaffen einen Einblick in den Schweizer Armutsalltag. Auch die Themenrubrik „Armut in der Schweiz“ von SF Wissen verdeutlicht, dass sich hinter dem abstrakten Begriff „Armut“ immer Menschen und ihre Schicksale verbergen (www.sf.tv/sfwissen). Neben Porträts und Diskussionssendungen finden sich ausserdem Beiträge zur Wanderausstellung „Im Fall“, die bis Ende Jahr in verschiedenen Schweizer Städten gastiert. Konzipiert von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS, ermöglicht „Im Fall“ einen lebensnahen Einblick in Armutsverhältnisse und schafft dabei auch spielerische Zugänge zum Thema (www.im-fall.ch). Gut gelungen sind die ausführlichen und vielfältigen Unterrichtsmaterialien, welche online zur Verfügung stehen. Mit Hintergrundinformationen, Unterrichtsvorschlägen, einer Serie von Arbeitsblättern und einem Online-Spiel werden hier sämtliche Register für eine abwechslungsreiche Unterrichtssequenz gezogen. Eine lose Zusammenstellung von Texten und Grafiken zur Armut in der Schweiz und zur hält www.userlearn.ch/armut bereit.

Wenn Kinder betroffen sind

Grundsätzliche Fakten und Definitionen zur Armut sammelt die Stiftung Humanrights auf ihrer Website (www.kompass.humanrights.ch). Unter den Online-Materialien ist das Spiel „Armutshoroskop“ erwähnenswert. Jugendliche schreiben aufgrund einiger biografischer Angaben von fiktiven Personen deren künftige Horoskope und thematisieren dabei Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit. Denkanstösse in Form von Zitaten liefert die Themenseite „Armut in der Schweiz“ der reformierten Kirche des Kantons St. Gallen (www.bit.ly/aEPaMR). Über 20 Zitate liegen als PDF vor, eine interessante Ausgangslage, um eine Diskussion anzuleiten oder Gedanken zu Thema Armut zu sammeln. Was Kinder und Jugendliche, die in prekären Verhältnissen aufwachsen, durchleiden, zeigt eine Linksammlung auf rpi-virtuell.net, der deutschen Plattform für Religionspädagogik im Internet (www.bit.ly/9nZoxb). Im Fokus stehen Alltagseindrücke von Jugendlichen und die Entwicklung der Kinderarmut. Inhaltlich ähnlich gelagert ist die Unterrichtseinheit „Reiches Land – arme Kinder: Armut und soziale Ausgrenzung in Deutschland“. Entwickelt vom deutschen Jugendrotkreuz, lassen sich einige Tipps und Unterrichtsideen in diesem Dossier gut im Schweizer Kontext verwenden (www.bit.ly/93hYOC).

10_10_armut.pdf (94.04 KB)