„Scratchen“ mit Bits und Bytes

1. Juni 2008

 

Das Lehrmittel www.ilearnit.ch will Kindern und Jugendlichen Konzepte der Informatik spielerisch vermitteln.

Informatik durchdringt unseren Alltag – und bleibt trotzdem oft ein unverstandenes Faszinosum. Die Initiative informatica08 will Abhilfe schaffen. Mit Erfolg.

Wenn es um Computer und Informatik geht, machen nicht selten überzeichnete Typisierungen die Runde: Es gibt den „Nerd“, der sein Dasein käsebleich vor dem Bildschirm fristet. Es gibt den „Poweruser“, der zur Geburtstagsparty seiner Tochter keine Einladungskarten mehr verschickt, sondern Doodle bemüht. Es gibt den DAU, den „dümmsten anzunehmenden User“, der sämtliche Programmierer in den Wahnsinn treibt, weil er sich immerzu falsch anstellt. Und es gibt den „prinzipiellen Nichtuser“, der sich Computer und Internet komplett verwehrt.

Derart zugespitzte Kategorisierungen zeichnen ein Bild der Informatik, das die Initiative informatica08 (www.informatica08.ch) korrigieren will. „Wir haben einen Mangel an Informatikern in der Schweiz“, sagt André Golliez, Präsident der Schweizer Informatikgesellschaft und Leiter von informatica08. Diesen Mangel führen Experten in erster Linie auf das angekratzte Image des Berufsstandes zurück. Ein Image, das es abzulegen gilt, denn „Informatik ist eine Schlüsseltechnologie für unseren Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort“, so Golliez. Das Echo, das die Jahresinitiative auslöste, stimmt ihn zuversichtlich. Zu den bisherigen Highlights gehören ein vom Kanton Solothurn spontan gesprochener 2-Millionen-Kredit für ICT-Ausbildung und unerwartet viele Veranstaltungen, die dank informatca08 ins Leben gerufen wurden.

iLearnIT.ch – das neue Lehrmittel

Das Interesse an Informatik wecken, dieses Ziel verfolgt informatica08 auch in der Volksschule. Mitte Mai wurde dazu das Online-Lehrmittel iLearnIT.ch (www.ilearnit.ch) lanciert. Beat Döbeli Honegger, Projektleiter von iLearnIT.ch und Professor am Institut für Medien und Schule der PHZ Schwyz, erklärt: „Auf unserer Website können Kinder und Jugendliche alle zwei Monate ein Thema der Informatik auf deutsch und französisch selbständig entdecken und damit experimentieren. Neben Rätseln, Erklärungen und weiterführenden Links fehlen auch Programmierbeispiele nicht.“ Um zu zeigen, dass Informatik mehr sei als "Computer" und "Programmieren", werde jedes Thema zusätzlich mit Experimenten ganz ohne Elektronik illustriert.

Für Beat Döbeli Honegger ist zentral, dass Informatikunterricht nicht nur kurzlebiges Produkt-, sondern ebenso langlebiges Konzeptwissen vermittelt. „Kinder sind heute bereits ab dem Kindergartenalter von ICT umgeben.“ Dabei würden sie viele Aspekte der ICT-Nutzung ohne Unterstützung der Lehrperson begreifen. Andere Aspekte liessen sich jedoch nicht von alleine erschliessen und könnten auch nicht „just in time“ erlernt werden. Hier sei die Schule gefordert. „Dies betrifft einerseits den verantwortungsvollen Umgang mit ICT, anderseits schulrelevante Tätigkeiten wie beispielsweise Arbeiten in digitaler Form zu gestalten und zu publizieren“, sagt Döbeli Honegger. Braucht es demnach ein Fach Informatik in der Primarschule? „In der Unter- und Mittelstufe ist kein Fach Informatik gefragt, sondern Medienbildung, sei dies als eigenes Fach oder integriert in andere Fächer. Beides jedoch bedingt Lehrpersonen, die kompetent mit ICT umgehen können und Grundkonzepte der Informatik verstanden haben.“

Es winkt der Tag der Informatik

Eine gelungene Basis, um mit Kindern und Jugendlichen die Logik des Programmierens zu ergründen, ist Scratch, eine vom Massachusetts Institute of Technology entwickelte Software. In Scratch (www.scratch.mit.edu) lassen sich Figuren und Gegenstände mit einfachen Handlungsanweisungen bewegen. Das Arbeiten mit Scratch bedingt eine gründliche Einführung in dessen Funktionen, wird danach aber umso spannender. Über 130 000 Beispiele von Kindern und Jugendlichen sind auf der Homepage dokumentiert. Vom tanzenden Mickey Mouse bis zum Picknick-Game: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Auf informatica08.ch ist seit Mitte Mai ein Wettbewerb ausgeschrieben, der Kinder und Jugendliche auffordert, mit Scratch ein spannendes Spiel zu entwerfen. Zu gewinnen gibt es einen Laptop und vieles mehr.

Programmieren ohne Computer, auch das ist möglich: Eine PDF-Anleitung der deutschen Stiftung Einstieg Informatik führt vor, wie Kinder in die Haut eines Roboters schlüpfen und Anweisungen umsetzen (www.snurl.com/29aq2). Hilfreiche und stufengerechte Unterlagen findet man auch auf der Homepage des Ausbildungs- und Beratungszentrums für Informatikunterricht der ETH (www.kbz.inf.ethz.ch) und dem Edu-Portal der ETH (www.educeth.ch). Eine weitere Fundgrube guter Ideen ist das Wiki der deutschen Zentrale für Unterrichtsmedien (http://wiki.zum.de/Informatik).

Wer Informatik mit seiner Klasse „live“ erleben möchte, sollte sich folgende zwei Termine von informatica08 in den Schulkalender eintragen: Vom 15. bis 17. Juni findet in Zürich die „Robots Fussballweltmeisterschaft“ statt. Teams aus aller Herren Länder zeigen, wie filigran ihre Roboter mit dem Ball umgehen können. Und am 29. August geht im Zürcher Technopark der Tag der Informatik über die Bühne. Erwartet werden über 1000 Besucher, darunter viele Schülerinnen und Schüler. 

6_08_ilearnit.pdf (70.16 KB)

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