Welche Strategie passt zu den Daten in der Schule?

1. Dezember 2018
Welche Strategie passt zu den Daten in der Schule?

Im Umfeld der Schule fallen unterschiedliche Daten an. Wie man diese handhaben soll, beschäftigt Bund und Kantone.

Um Schulen auf die digitale Zukunft vorzubereiten, verfolgen die Deutschschweizer Kantone unterschiedliche Strategien. Auch die EDK beschäftigt sich mit dieser Frage.

Ronja lernt ihr “Franzwörtli” mit Quizlet, Robin hält im Blog seinen Lernfortschritt in Geometrie fest, Anouk löst ihre Deutschprüfung auf der Lernplattform. Tagtäglich fallen an Schulen Daten wie in diesen fiktiven Beispielen an. Doch wie soll man diese nutzen? Diese Frage stand an der Fachtagung “ICT und Bildung” von educa.ch Anfang November im Zentrum. Dabei kristallisierte sich heraus, dass der Spagat zwischen Datenschutz und Datennutzung noch für einige Diskussionen sorgen wird. So warnte der Mathematiker Paul-Olivier Dehaye davor, digitalen Plattformen blind zu vertrauen. Man müsse als Lehrperson nachvollziehen, was mit den Daten passiere und dies mit den Schülerinnen und Schülern thematisieren. Dehaye hat Erfahrung mit übermächtigen Datensammlern. Er half 2016 mit, den Cambridge-Analytica-Skandal aufzudecken und wies nach, dass für die US-Präsidentenwahl Facebook-Profile missbräuchlich analysiert wurden. Vor diesem Hintergrund hält Dehaye den Datenschutz und die digitale Mündigkeit der Jugendlichen für zentral. Seine Präsentation ist zusammen mit den anderen Inputs der Fachtagung auf educa.ch greifbar.

educanet2 läuft aus

Im Nachgang zur Fachtagung hat educa.ch Ende November kommuniziert, dass man die Lernplattform educanet2 im Dezember 2020 einstellt. Einen Nachfolger gibt es nicht. Hintergrund des Entscheids sind sinkende Nutzungszahlen und die 2017 erfolgte Neuausrichtung von einem operativen Bildungsserver hin zu einer strategischen Fachagentur. Ziel von educa.ch ist es, keinen Anbieter auf dem Markt bevorzugt zu behandeln. Wollen Schulen über 2020 hinaus mit “WebWeaver School”, der Basis von educanet2, weiterfahren, bereitet die Fachagentur dazu eine Rahmenvereinbarung vor.

Das Hauptaugemnerk von educa.ch richtet sich damit auf das FIDES-Projekt. Mit FIDES sollen ab 2020 eine schweizweite ID-Lösung zu Online-Diensten für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler entstehen.

Neue Strategie der EDK

FIDES spielt auch eine Rolle in der neuen Digitalisierungsstrategie, auf welche sich die EDK (Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren) im vergangenen Juni geeinigt hat. Die Strategie umfasst sieben Bereiche: Es geht um die Datennutzung, um Know-how und Ressourcen für Schulen, um die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler, um die Stärkung der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen, um die Effekte für Forschung und Innovation, um die Rolle der neuen Akteure und darum, wie Bildungsbehörden die digitalen Möglichkeiten nutzen. Zu diesen grundlegenden Themen erarbeitet die EDK nun Massnahmen. “Wir planen, diese im Sommer 2019 vorzulegen”, sagt Andreas Klausing, der bei der EDK für Fragen der Digitalisierung verantwortlich ist. Dabei berücksichtige man selbstverständlich, was in Kantonen bereits aufgegleist sei.

Diese Ausgangslage präsentiert sich bei näherem Hinsehen sehr heterogen. Christoph Straumann leitet die kantonale Stabstelle “Informatik Schulen Baselland”. Er begrüsst die Stossrichtung der EDK-Digitalisierungsstrategie. “In Baselland verfügen alle Lehrpersonen und Lernenden der Sek I und Sek II über eine digitale Identität, welche der Kanton verwaltet”, sagt Christoph Straumann. “In diesem Bereich sind wir gut auf Kurs und setzen auf FIDES, um einen schweizweiten Rahmen für die Nutzung solcher Identitäten zu erhalten.” Eine grosse Herausforderung stellen für Straumann Fragen des Datenschutzes und der Datennutzung dar. “Die kantonalen Datenschutzgesetze sind klar und bieten grundsätzlich Rechtssicherheit, sie sorgen im Alltag einer Lehrperson aber genauso für Zielkonflikte. Man denke da nur an Cloud-Dienste oder die Kommunikation mit dem Smartphone.” Deshalb sei es wichtig, dass die EDK den Datenschutz in der Strategie aufgreife, sagt Christoph Straumann. Auch die Stärkung digitaler Potenziale in der Lehrerbildung erscheinen ihm zentral.

Abwartender tönt der Kanton Thurgau. „Der Fokus liegt aktuell auf der Umsetzung des Modullehrplans Medien und Informatik und wie wir die Schulen dabei unterstützen können“, erklärt Sandra Bachmann, Leiterin der Schulentwicklung im Amt für Volksschule. Bevor man Überlegungen zur Digitalisierungsstrategie anstelle, warte man Ergebnisse einer Arbeitsgruppe der Deutschschweizer Volksschulamtsleiterinnen und- leiter ab.

Im Nachbarkanton St. Gallen blickt man mit Spannung auf den Februar 2019, wenn die IT-Bildungsoffensive vor das Volk kommt. Dieses 75-Millionen-Paket will sämtliche Bildungsstufen für die digitale Zukunft fit machen. In der Volksschule sollen Modellschulen den digitalen Unterricht erproben. Ergänzend dazu will der Kanton Lernmedien entwickeln und die Lehrpersonen weiterbilden. Glückt diese Abstimmung, nimmt St. Gallen bald eine Pionierrolle in der digitalen Bildungslandschaft ein.

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