ICT in der Schule auf den Zahn gefühlt

1. Oktober 2014
ICT in der Schule auf den Zahn gefühlt

Digitale Hilfsmittel wirken sich motivierend auf den Lernprozess aus: Dies ist eine von 15 Hauptaussagen, die Lehrpersonen nach Abschluss des iTEC-Projekts machten.

Wie sieht das Schulzimmer der Zukunft aus? Diese Frage hat die EU in einem gross angelegten Projekt untersucht und dabei den Fokus auf ICT gelegt.

Eine Klasse aus Florenz unternimmt eine virtuelle Reise nach London und tauscht sich mit englischen Jugendlichen aus. Schüler aus Bordeaux interviewen in Video-Konferenzen Experten zum Thema Journalismus und verarbeiten die Ergebnisse multimedial. Eine finnische Schule nutzt Tablets, um Lernaktivitäten zwischen Schülern und Bewohnern eines Altersheims durchzuführen. Diese drei Lernszenarien stehen stellvertretend für das bisher grösste Projekt in Europa im Bereich ICT und Schule: iTEC (Innovative Technologies for an Engaging Classroom). Über 2’600 Klassen aus Europa, der Türkei und Israel beteiligten sich an iTEC; das Ziel lautete, neue, pädagogisch erprobte Szenarien für den Einsatz von ICT im Unterricht zu entwickeln und zu evaluieren. Ende August nun wurde das vom European Schoolnet koordinierte Projekt nach vierjähriger Dauer abgeschlossen (itec.eun.org). Insgesamt hat die Europäische Kommission 9,5 Millionen Euro in iTEC investiert. 26 Institutionen – von europäischen Bildungsministerien über Forschungsstellen bis zu Technologielieferantennahmen – waren involviert.  In der Schweiz fungierte educa.ch als Partner. “Projekte an Schulen führten wir in der Schweiz zwar keine durch, aber educa.ch war während der gesamten Projektdauer bei der wissenschaftlichen Begleitung und der Evaluation engagiert”, erklärt Douglas Armendone, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Schweizerischen Fachstelle für Informationstechnologien im Bildungswesen SFIB. “Darüber hinaus erarbeitete educa.ch die Schweizer Fassung der ‘iTEC Knowledge Map’ und publizierte Artikel zum Fortgang des Projekts.”


Tools, Ideen, Szenarien
Mit dem Abschluss des Projekts liegen nun erprobte Lern- und Unterrichtsaktivitäten sowie Erfahrungsberichte von Lehrpersonen in Form von Videoclips vor. Da sich die ICT-Infrastrukturen und -Konzepte zwischen Norwegen und Italien, zwischen Portugal und der Türkei unterscheiden, war iTEC darauf angelegt, möglichst offene, polyvalent anwendbare Szenarien zu entwickeln und diese nicht an spezifische Soft- oder Hardware zu koppeln. Am Anfang steht immer eine grundlegende Lernaktivität: Erzähl eine Geschichte, entwirf einen Gegenstand, entwickle ein Spiel, beobachte etwas und dokumentiere deine Untersuchung, miss etwas und halte die Resultate fest, sammle Daten in deiner Umgebung, arbeite mit Experten ausserhalb der Schule, lernt in Teams, lerne alleine. Auf einer solchen Aktivität aufbauend, haben Lehrpersonen Szenarien entwickelt, die auf ICT-Werkzeuge zurückgreifen. Alle Szenarien wurden in Klassen durchgeführt und dokumentiert. Einen authentischen Einblick in diese Arbeit vermitteln die zahlreiche Videointerviews mit den Lehrpersonen. Dort kommen Erfolge und Probleme mit digitalen Hilfsmitteln im Klassenzimmer anschaulich zur Sprache (www.goo.gl/qHFt5v). Anleitungen zu den Szenarien sind in der Bibliothek des iTEC-Projekts aufrufbar (itec.eun.org/web/guest/scenario-library).


Nutzung dünn gesät
Was iTEC auch zutage förderte: Unersetzlich ist ICT für europäische Lehrkräfte vor allem in der Unterrichtsvorbereitung. Im Unterricht selber bleibt der Einsatz nach wie vor die Ausnahme und nicht die Regel, dies trotz der inzwischen in vielen Ländern guten Netzinfrastruktur in den Schulen und der relativ hohen Verfügbarkeit von ICT-Werkzeugen.
Geschätzt haben die am Projekt beteiligten Lehrpersonen insbesondere den internationalen Austausch, die interaktive Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen. Damit diese Basis mit dem Abschluss von iTEC nicht einfach wegbricht, hat European Schoolnet für alle interessierten Lehrkräfte eine Community ins Leben gerufen: die EUN-Academy (www.europeanschoolnetacademy.eu). Hier können sich Lehrpersonen für kostenlose Online-Kurse  zu “ICT-Szenarien für das Klassenzimmer von morgen” registrieren und ihre Erfahrungen austauschen.
Wer sich einen Überblick über iTEC verschaffen will, findet auf international.educa.ch/de/itec eine Sammlung der wichtigsten Ergebnisse. In Kürze wird dort auch die deutsche Fassung eines Evaluationsberichts aufgeschaltet.

10_2014.pdf (130.06 KB)

Ähnliche Themen

  • Filtern ja, aber wie?
    1. Februar 2014

    Um Surfen an Schulen sicher zu machen, setzen die Kantone auf einen Inhaltsfilter der Swisscom. Dieser bricht neu verschlüsselte Verbindungen auf, was unter ICT-Experten und Datenschützern kontroverse Diskussionen auslöst.

  • Chatten und “youtuben”
    1. März 2014

    Der Junior Web Barometer von Switch zeigt auf, dass Jugendliche zunehmend mit mobilen Geräten online sind. Soziale Netzwerke stagnieren, gross im Trend sind Chat und Video.

  • Hinter jedem Klick eine Verschwörung?
    1. September 2020

    Die Coronakrise löst Angst und Unsicherheit aus: Ein Nährboden für krude Theorien und Verschwörungen. Was kann die Schule entgegensetzen? Kritisches Denken und Medienkompetenz.

  • Reizwort "Bildschirmzeit"
    1. September 2022

    Einen Tag ohne Handy? Für Viele kaum mehr vorstellbar. Wie gelingt Kindern und Jugendlichen ein gesunder Umgang mit digitalen Medien?

  • "ICT braucht ein Zeitgefäss"
    1. April 2013

    Leitmedienwechsel oder digitale Demenz? Was der digitale Wandel für das Lernen und die Schule bedeutet, wird unter Experten kontrovers diskutiert.

  • Klick um Klick zum Durchblick
    1. Oktober 2011

    Die Chancen und Gefah­ren von inter­aktiven Medien kompe­tent einschätzen: Dieses Know­-how will der Bund mit dem «Nationalen Tag der Medienkompetenz» stärken.

  • Solothurner Rückenwind für Tablets
    1. September 2015

    Im Projekt MyPad erprobten Solothurner Schulklassen zwei Jahre lang Tablets im Unterricht. Der Kanton nutzt die Erkenntnisse aus dem Projekt und lanciert ein neues Schulfach: Informatische Bildung.

  • Auf Tauchgang im Datenmeer
    15. November 2010

    Ein Billett am Automaten, ein Einkauf im Supermarkt: In unserem Alltag hinterlassen wir Spuren, Daten, die irgendwo gespeichert und allenfalls ausgewertet werden. Doch wie lässt sich in der Datenflut die Übersicht bewahren? Und welche Instrumente helfen, um aus vorhandenen Daten die richtigen Schlüsse zu ziehen?

  • Viele Wege führen nach 0 und 1
    1. November 2017

    Wie gelingt es der Informatik, Nachwuchs für die digitale Zukunft zu finden? Unter anderem mit neuen Berufsbildern und Ausbildungsmodellen, die der Branche und Jugendlichen entgegenkommen.