Und täglich grüsst der Cyberspace

1. März 2010

Knapp 50 % der 6- bis 20-Jährigen in der Schweiz halten sich laut einer Umfrage von Switch täglich im Internet auf.

Wie nutzen Kinder und Jugendliche das Internet? Diese Frage interessiert Eltern, Lehrpersonen und Medienpädagogen gleichermassen. Eine aktuelle Umfrage verschafft Klarheit.

Zahlen und Fakten zur Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz sind dünn gesät. Während in Deutschland die KIM- und JIM-Studien (www.mpfs.de) im Jahresrhythmus die Medien- und Internetnutzung dokumentieren, findet sich hierzulande nichts Vergleichbares. Mit dem „Junior Web Barometer“, einer im vergangenen Sommer durchgeführten Onlinebefragung, legt die Stiftung Switch nun eine repräsentative Bestandesaufnahme vor. Darin wird das Nutzungsverhalten von 575 Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 20 Jahren offengelegt (www.switch.ch/de/jwb). Bei den Befragten handelt es sich um bisherige Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Junior Web Awards.

Knapp die Hälfte davon hält sich laut Umfrage täglich im Cyberspace auf, Jungen (55 Prozent) häufiger als Mädchen (39 Prozent). Die 6- bis 12-Jährigen tendieren dabei in erster Linie zu Online-Spielen, gefolgt vom Suchen von Informationen, dem Herunterladen von Musik oder dem Ansehen von Videos. Bei den 13- bis 20-Jährigen kommen soziale Aspekte stärker zum Tragen. Im Vordergrund stehen hier Chats, E-Mail-Austausch oder soziale Netzwerke à la Netlog oder Facebook. Rund 50 Prozent aller Befragten geben an, jeweils eine Stunde oder länger am Stück zu surfen.

Wer weiss wie viel?

Das eigene Wissen über das Internet stufen neun von zehn Jugendlichen zwischen 13 und 20 Jahren ganz unbescheiden als gut bis sehr gut ein. Ihren Eltern wie auch ihren Lehrpersonen attestieren sie diesbezüglich deutlich weniger Know-how. Ein anderes Bild zeigt sich bei den 6- bis 12-Jährigen. Knapp 80 Prozent halten ihre Lehrperson für kompetent im Umgang mit dem WWW, sich selbst hingegen nur rund 60 Prozent. Die jüngeren Surfer sind denn auch sensibler, was das Gefahrenbewusstsein anbelangt: 30 Prozent äussern die Angst, beim Surfen auf „böse Menschen“ zu stossen. Umso wichtiger ist es, dass der Umgang mit dem Internet reflektiert und – mit den Eltern oder der Lehrperson – diskutiert wird. Bei rund 70 Prozent der 6- bis 12-Jährigen ist dies der Fall.

Im Unterricht kommt das Internet bei zwei Drittel der Befragten mindestens einmal wöchentlich zum Einsatz. Diese Zahl lässt sich aber nicht verallgemeinern, da Lehrpersonen, die am Junior Web Award teilnehmen, das Internet wohl auch überdurchschnittlich stark in den Unterricht mit einbeziehen.

Wie wichtig wird das Internet?

Die Umfrage von Switch macht klar, dass das WWW im Alltag der Kinder und Jugendlichen seinen festen Platz eingenommen hat. Und als äusserst fluides und bewegliches Medium wird es schon bald mit weiteren Neuerungen und technologischen Trends aufwarten. Einen lesenswerten Bericht zur Entwicklung und den damit verbundenen Herausforderungen hat das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS im Februar veröffentlicht (www.ta-swiss.ch). Im Bericht „Weiter knüpfen am Netz der Netze“ und der Broschüre „Herausforderung Internet“ wagen Experten einen Blick in die Glaskugel und versuchen dabei auch, das Zusammenspiel von Bildung und dem Internet zu skizzieren. „Das Bildungssystem kann sich nicht darauf beschränken, die technischen Fähigkeiten für die Nutzung von Internetdiensten zu vermitteln. Vielmehr muss das Internet selbst (und allgemein der Umgang mit Medien) Thema des Unterrichts werden“, lautet ein Fazit des Berichts. Je nach Art der Anwendung seien zahlreiche weitere Kompetenzen zu vermitteln: Generelle Medienkompetenzen und die Fähigkeit, Korrektheit und Relevanz von Informationen zu beurteilen.

„In technischer Hinsicht sind die Schweizer Schulen gut auf die Nutzung des Internets vorbereitet“, so der Bericht weiter. Medienbildung im praktischen Unterricht umzusetzen verlange jedoch auch hohe Kompetenzen von den Lehrkräften und verbindliche Inhalte in den Lehrplänen. In diesen Bereichen sei durchaus Ausbaupotential vorhanden. Dieser Anspruch konkurrenziere aber mit anderen Anforderungen an die Schule.Unter den momentan diskutierten Trends macht TA-SWISS drei Hauptentwicklungen aus: Mit der Idee des „Semantic Web“ bahnt sich seit einigen Jahren eine nächste Stufe des Internets an, welche Informationen maschinenlesbar machen soll. Somit könnte der Computer verknüpfte Suchabläufe übernehmen und beispielsweise einen Flug nach San Francisco buchen, ein passendes Hotelzimmer dazu suchen und gleich noch Karten für einen Theaterbesuch reservieren. Ein weiterer Trend lässt sich unter den Stichworten «Grid Computing» oder „Cloud Computing“ fassen. Hierbei handelt es sich um die Idee einer gemeinsamen, vernetzten Nutzung von Computerressourcen. So könnte künftig jeder am Internet abgeschlossene Rechner seine freie Kapazität anderen Systemen zur Verfügung stellen. Ein dritter, oft genannter Begriff ist das „Internet of Things“. Dieser Begriff beschreibt Technologien, die es ermöglichen, auf Objekte in der realen Welt zuzugreifen. Ein Beispiel dafür sind Funketiketten, die auf RFID (Radio frequency identification) basieren. Werden solche Funketiketten auf Lebensmittel geklebt, erfolgt die Bezahlung an der Kasse ohne grosse Handgriffe: Man schiebt den Einkaufswagen durch eine Schleuse, in der ein Lesegerät ein elektromagnetisches Feld erzeugt, das die Etiketten aufnimmt und deren Daten speichert. Obwohl diese Trends den aktuellen Schulalltag kaum beeinflussen, ist für TA-SWISS  klar, dass eine verstärkte Medienkompetenz und ein geschulter Umgang mit dem Internet künftig immer wichtiger werden.

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