Ich google, du googlest, er ...

1. November 2011

Google hat die ältesten erhaltenen biblischen Handschriften digitalisiert. 

Das amerikanische Internetunternehmen Google steht wie kein zweites für die rasante Entwicklung im Internet. Doch ist dessen Vormachtstellung unheimlich oder hilfreich?

„If you’re not in Google, you don’t exist.“ Was vor vier Jahren als Bonmot unter Internetexperten die Runde machte, ist heute Realität. Oder direkt gefragt: Wann haben Sie in jüngster Vergangenheit im Web recherchiert und dabei auf Google verzichtet? Ohne den Suchmaschinenleader mit Sitz in Mountain View wäre das Internet ein anderes, als es heute ist. Und Google zeigt sich an allen Fronten aktiv, um seine Spitzenposition auszubauen: Der eigene Webbrowser Chrome verzeichnet einen Marktanteil von 10%; das von Google übernommene Mobilgerät-Betriebssystem Android ist auf jedem dritten Smartphone im Einsatz; vier von fünf Suchanfragen im Internet spielen sich auf Google ab. Die Liste an Webanwendungen und Produkten liesse sich beliebig weiterführen. Unlängst nahm mit Google+ beispielsweise die erste echte Konkurrenz zu Facebook ihren Betrieb auf.

Websuche – ein Stromfresser?

Doch wer derart marktdominierend auftritt, setzt sich der Kritik aus. Bekannt ist die von wenig Rückgrat zeugende Haltung in China, wo die staatliche Internetzensur von Google gebilligt wird. Bekannt sind die Datenschutzprobleme, die Google wiederholt angelastet wurden. Auch die neu lancierte „soziale Suche“ stösst nicht nur auf Gegenliebe. Wer ein Google-Konto eingerichtet hat, erhält Suchresultate, die den eigenen Netzgepflogenheiten angepasst sind. So kriegt jemand, der öfters Begriffe wie „Italien“ oder „Toskana“ googelt, bei der nächsten Restaurantsuche in Zürich überproportional viele italienische Restaurants angezeigt. Ist man im sozialen Netzwerk Google+ mit dabei, werden auch erfolgreiche Suchergebnisse von Freunden in den eigenen Trefferlisten wichtiger. Diese Personalisierung dient Google der nutzerbezogenen Werbung, dem eigentlichen Einkommen des Internetleaders.

Transparent kommuniziert wird seit kurzem der Stromverbrauch: Google beansprucht laufend 260 Millionen Watt, einen Viertel eines AKWs. Bei über einer Milliarde Suchanfragen pro Tag, unzähligen Downloads und Videoseitenaufrufen (Youtube ist ein Google-Tochter) rechnet Google pro Nutzer mit einem Energieverbrauch von 180 Wattstunden pro Monat. So viel, wie eine 60-Watt-Glühbirne in drei Stunden benötigt. Die Debatte, inwieweit die dank Google erreichten Alltagserleichterungen diesen Stromkonsum wettmachen, muss erst noch geführt werden.

Vorbild in Design und Funktionalität

Bei aller Kritik gilt es auf der positiven Seite festhalten, dass der Innovationsgrad von Google durchwegs beeindruckend ist. Googles Produkte brillieren mit einem auf die Information fokussierten, handlichen Design und sind technisch überzeugend. In informations- und wissensbasierten Berufen kommen sie einem „Internet-Sackmesser“ gleich. Und wer den Google-Gründern Sergey Brin und Larry Page schlicht diesen Erfolg zum Vorwurf macht, hat damit noch nichts zu echten Alternativen beigetragen.

Für die Schule zentral ist der professionelle, reflektierte Umgang mit dem Suchmaschinenriesen. Wissen, wie man aus Google das Beste herausholt, ist ein Bestandteil davon. Wissen, was Google als Internetunternehmen antreibt, ein anderer. Wissenswertes zu neuen Diensten veröffentlicht Google auf dem hauseigenen Blog. Dort wird beispielsweise erklärt, inwieweit Google als Taschenrechner taugt. Oder wie Google bei der Digitalisierung der Schriftrollen vom Toten Meer mitgewirkt hat (www.google-produkt-kompass.blogspot.com). Der direkteste Unterrichtsnutzen lässt sich von GoogleMaps und GoogleEarth, den beiden Luftbildprogrammen zur Erde, ableiten. Einblick in seine Erfahrungen mit GoogleMaps im Geschichtsunterricht verschafft der Koblenzer Lehrer und Blogger Daniel Bernsen (www.bit.ly/qWwQKd). Als Einführung in GoogleEarth bietet der österreichische Bildungsserver ein ausführliches PDF mit über einem Dutzend Einsatzmöglichkeiten an (www.bit.ly/rtN4C1). Und was nicht nur Bahninteressierte faszinieren wird: Die Rhätische Bahn lässt ihre berühmte Albula-Bernina-Passfahrt als erste Bahnstrecke für Google Street View aufzeichnen (www.goo.gl/nZVVL).

„Bildung und Unterricht in Zeiten von Google und Wikipedia“: Mit den gesammelten Beiträgen der gleichnamigen Tagung gelingt der Konrad-Adenauer-Stiftung eine theoretische, äusserst fundierte Auslegeordnung zum Einfluss des Internets auf das Klassenzimmer. Zur Sprache kommen Informationskompetenz, Medientheorie oder auch die Auswirkung auf das Sprachverhalten Jugendlicher (www.kas.de). Dass es nicht immer Google sein muss, zeigt eine Zusammenstellung auf unterrichtsideen.ch, welche alternative Suchmaschinen auflistet und Schülerinnen und Schüler auffordert, Suchresultate miteinander zu vergleichen (www.bit.ly/rcpj4G). Und spätestens hier wird sichtbar: Konkurrenz tut der Suche als Schlüsselfunktion im Internet gut.

11_11_Google.pdf (120.86 KB)

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