Medienwandel - Chance für den Unterricht

1. April 2015

Schülerinnen und Schüler der Sek Andelfingen sammeln Blätter und fotografieren die verschiedenen Baumarten, um sie anschliessend zu vergleichen.

Projekte mit Smartphones oder Tablets im Unterricht nehmen zu. Und wo die portablen Helferlein schon lange im Einsatz sind, beginnen sie sich zu etablieren.

Ermatingen, Doppleschwand, Solothurn, Steffisburg, Hünenberg, Volketswil, ...: Eine vollständige Auflistung der Deutschschweizer Schulen, die im Unterricht offiziell Smartphones oder Tablets erproben, würde die Hälfte dieser Seite füllen. Jahr für Jahr stossen neue Projekte dazu. Viele, die jüngst angelaufen sind, basieren auf der Idee “Bring your own device” (BYOD). Schülerinnen und Schüler kommen mit eigenen Geräten in die Schule mit, wer über kein eigenes verfügt, wird von der Schule ausgerüstet.

Kamera, Audiorecorder – beliebte Funktionen
Vorreiter des Smartphone-Einsatzes ist die Projektschule Goldau. 2009 startete ein iPhone-Projekt mit zwei Klassen, mittlerweile setzen alle zwölf Klassen der Primar auf das BYOD-Konzept und nutzen Smartphones und Tablets. Christian Neff war als Klassenlehrer am iPhone-Projekt beteiligt und blickt positiv auf die Entwicklung der vergangenen Jahre zurück. “Unser Ziel war es, die Medienkompetenz der Schüler zu stärken, indem wir Smartphones im Unterricht integrieren. Heute können wir sagen: Es funktioniert”, erklärt Neff, der seit 2013 auch als Schulleiter tätig ist.
Sein Unterricht sei flexibler und agiler geworden, umschreibt Neff die mit den Mobilgeräten einhergehende Veränderung. “Jeder Schüler hat seine eigene Kamera. Wenn ich im Bildnerischen Gestalten die Zentralperspektive behandle, dann lasse ich die Kinder im Dorf Bilder machen, damit wir sie danach gemeinsam besprechen und bearbeiten können.” Auch Sprach- und Tonaufnahmen seien im Handumdrehen möglich, was gerade im Fremdsprachenunterricht erleichternd wirke. Also rücken Apps ins Zentrum? “Wir haben mittlerweile eine sehr heterogene Umgebung mit iPhones, Android-Geräten und verschiedenen Tablets. Da können wir nicht auf eine App setzen – und das wollen wir auch nicht”, sagt Christian Neff. “Vielmehr sind die Grundfunktionen der Geräte und ihre Internetfähigkeit entscheidend.”
Im Durchschnitt kommen die Smartphones und Tablets in Goldau während 10-15 % der Unterrichtszeit zum Einsatz. Als echte Innovation bezeichnet Neff die Möglichkeit, den Beamer via Apple AirPlay (oder Allshare für Android-Geräte) zu “demokratisieren” und allen Schülerinnen und Schülern zugänglich zu machen. Somit ist es nicht mehr nur der Lehrer, der seine Inhalte projiziert.  Neff stellt aber zugleich klar: “Smartphones oder Tablets haben bei uns nichts ersetzt. Wir brauchen nach wie vor Fülli, Hefte, Lehrmittel oder Wandtafel.”
Dass Kinder manchmal besser up to date sind, wenn es um technische Finessen der Smartphones oder Tablets geht, ist für Christian Neff normal. “Viele Ideen für den Einsatz oder technische Tricks stammen von den Kindern, dafür muss man als Lehrperson offen sein. Was jedoch das methodische und pädagogische Know-how anbelangt, so bleibt gegenüber den Schülern der bekannte Vorsprung.”

Medienwandel als Chance
Über mehrjährige Erfahrung mit Tablets verfügt auch die Oberstufe Andelfingen. Seit 2012 sind sie Teil des Unterrichts, seit Herbst 2013 arbeiten alle Schülerinnen und Schüler der Oberstufe mit einem eigenen iPad. Thomas Staub, Lehrer in Andelfingen und Dozent für Medienbildung an der PH Zürich, sieht in den Geräten schlicht ein geeignetes Mittel zum Zweck: Sie unterstützen zeitgemässen Unterricht. Und analog zu Christian Neffs Einschätzung geht auch Thomas Staub nie von der Frage “Gibt’s dafür eine App?” aus.  “An unserer Schule vermeiden wir die ‘Appitis’”, erklärt Thomas Staub. “Wir nutzen stattdessen die integrierten Bordmittel wie Kamera, Mikrofon, Browser oder Kalender und einige generelle Werkzeuge wie Evernote umso intensiver.” Gerade die kooperativen Funktionen von Evernote seien aus dem Unterricht kaum mehr wegzudenken. Thomas Staub nutzt das Programm als Austauschplattform für die Schülerinnen und Schülern, es bildet das Rückgrat seiner Unterrichtsverwaltung.
Die beiden Beispiele von Goldau und Andelfingen verdeutlichen, wie der Medienwandel in der Schule zur Chance wird. Und sie zeigen ebenso, dass die Pionierphase vorbei ist. Es liegt nicht mehr nur an einzelnen medienaffinen Lehrpersonen, sich mit dem iPhone oder dem Tablet auseinanderzusetzen. Diese Frage betrifft die Schule als Institution. Sie muss sich ein Profil erarbeiten, wie sie diese Hilfsmittel einsetzen will.
Um im mobilen Lernen einen Schritt nach vorne zu machen, hat die PH Zürich Anfang März gemeinsam mit Samsung Schweiz die Weiterbildungsreihe “SAMT – Schulen arbeiten mit Tablets” lanciert. Dieser kostenlose Kurs besteht aus fünf halbtägigen Modulen und richtet sich an Schulteams oder einzelne Lehrpersonen. Gestartet wird Anfang September, Anmeldungen sind ab sofort möglich.

Weiter im Netz
projektschule-goldau.ch
wordpress.sek-andelfingen.ch/ipadprojekt
guides.educa.ch/de/apps-ideen-lehren-lernen-handys
phzh.ch/weiterbildung

4_2015.pdf (90.69 KB)

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