1. November 2017
Carolina Sanchez absolviert ihre Ausbildung zur Informatikerin im Basislehrjahr in Adligenswil. (Bild: Urs Nussbaumer)
Wie gelingt es der Informatik, Nachwuchs für die digitale Zukunft zu finden? Unter anderem mit neuen Berufsbildern und Ausbildungsmodellen, die der Branche und Jugendlichen entgegenkommen.
Carolina Sanchez blickt konzentriert auf ihren Bildschirm. Sie löst die Aufgaben des Moduls 305 “Multiuser-Systeme installieren, konfigurieren und administrieren”. Die 16-Jährige hat im August ihre vierjährige Ausbildung zur Informatikerin mit Fachrichtung Applikationsentwicklung begonnen. “Für mich war schon seit der 3. Primar klar, dass ich später etwas mit dem Computer machen will”, sagt sie. “Einer meiner älteren Brüder arbeitet als Informatiker. Von ihm habe ich einen guten Einblick erhalten.” Speziell an der Ausbildung von Carolina ist, dass sie das erste und vierte Semester nicht in ihrem Lehrbetrieb, der CSS in Luzern, verbringt. Sie absolviert gemeinsam mit sieben weiteren Lernenden das Basislehrjahr “Splitting”, das der Verband ICT Berufsbildung Zentralschweiz organisiert. Das Basislehrjahr schlägt eine Brücke zwischen dem gewohnten schulischen Alltag und den Erwartungen der Lehrbetriebe. “Ich kann mir hier Wissen aufbauen und mich auf die Aufgaben in meinem Lehrbetrieb vorbereiten. Das schätze ich”, sagt Carolina Sanchez.
Von gesamthaft 82 Informatik-Lernenden in der betrieblich organisierte Grundbildung besuchen in der Zentralschweiz acht das Basislehrjahr. “Gerade kleinere Betriebe, die Informatiker ausbilden wollen, aber die einführenden Grundlagen nicht anbieten können, profitieren davon”, sagt Roger Erni, Geschäftsführer des Verbands ICT Berufsbildung Zentralschweiz. Und für die Jugendlichen gestalte sich das Lernen in einer kleinen Gruppe effizient und motivierend. “Unsere Erfahrungen sind positiv”, so Erni. “Und wir haben uns bewusst dazu entschieden, das Basislehrjahr aufzubrechen und auf zwei Jahre zu verteilen. So verbessern wir die Verzahnung zwischen der betrieblichen Praxis und den von uns vermittelten Grundlagen.” Im zweite und dritte Semester holen sich die Jugendlichen Erfahrung in den Betrieben, die sie dann im vierten Semester reflektieren und vertiefen. Die beiden Abschlussjahre laufen dann ausschliesslich im Betrieb ab. Lanciert hat der Verband ICT Berufsbildung Zentralschweiz das Basislehrjahr “Splitting” im vergangenen Jahr, als Novum in der ICT-Berufsbildung. In seiner klassischen Form ist das Basislehrjahr in anderen Branchen und Regionen seit Jahren verbreitet. “Unser Ziel ist es, mit den Ausbildungsbetrieben gute Konzepte zu entwickeln und mehr Jugendliche zu einer Lehre in der Informatik zu bewegen”, erklärt Erni. So plant ICT Berufsbildung Zentralschweiz, in zwei bis drei Jahren die Zahl der Lernenden im Basislehrjahr auf zwölf zu erhöhen, verbunden mit der Hoffnung, dass gleichzeitig die Anzahl der Lehrstellen steigt.
Carolina Sanchez bereut ihren Entscheid für das Basislehrjahr nicht. “Ich kombiniere die Lehre mit der Berufsmatura und bin froh, dass wir im Basislehrjahr eine gute Lerngruppe haben, die sich gegenseitig hilft und unterstützt”, sagt sie.
Neuer Beruf: “ICT-Fachfrau/ICT-Fachmann EFZ”
Bis 2020 dürften in der Schweiz laut Branchenverband ICT Switzerland 25’000 Informatikerinnen und Informatiker fehlen. Um hier Gegensteuer zu geben, lanciert der Verband ICT-Berufsbildung Schweiz auf das kommende Schuljahr die neue Lehre der ICT-Fachfrau, respektive des ICT-Fachmanns. Diese Ausbildung dauert drei Jahre und setzt einen Schwerpunkt in der Kommunikation. Die mathematisch-technische Seite der Informatik nimmt verglichen mit der angestammten Lehre zum Informatiker weniger Platz ein. Damit will man dem Umstand Rechnung tragen, dass Digitalisierung viele Arbeitsbereiche der Gesellschaft umfasst und ihr Erfolg insbesondere von professioneller Kommunikation abhängt. ICT-Fachfrauen und ICT-Fachmänner betreuen interne Kundinnen und Kunden in ICT-Belangen, installieren Hard- und Software, nehmen Gerätekonfigurationen vor, instruieren Anwenderinnen und Anwender oder leisten Support. Ausserdem helfen sie im Umgang mit ICT-Geräten und sind für die Wartung verantwortlich. Diese neue Lehre ersetzt die bisherige zweijährige Ausbildung “Informatikpraktiker/-in EBA”, welche im vergangenen Sommer zum letzten Mal angeboten wurde. ICT-Berufsbildung Schweiz erhofft sich durch die neue Ausbildung, dass Firmen zusätzliche Lehrstellen schaffen.
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