Solothurner Rückenwind für Tablets

1. September 2015
Solothurner Rückenwind für Tablets

Der Kanton Solothurn hat die bildungspolitischen Weichen für eine Schule mit Tablets gestellt. (Bildquelle: Flickr)

Im Projekt MyPad erprobten Solothurner Schulklassen zwei Jahre lang Tablets im Unterricht. Der Kanton nutzt die Erkenntnisse aus dem Projekt und lanciert ein neues Schulfach: Informatische Bildung.

Geht es nach Remo Ankli, Bildungsdirektor des Kantons Solothurn, so gehören Tablets schon bald in jede Schultasche. Er sei überzeugt, dass “künftig jeder Schüler ein eigenes Gerät besitzen wird, die Netzwerke lei­stungsfähiger werden und Cloud-Computing in raschen Schritten an Bedeutung gewinnt”, erklärte Ankli an der Medienkonferenz zum Abschluss des MyPad-Projekts Mitte Mai in Solothurn. Von 2012 bis 2014 angelegt, waren an MyPad insgesamt 45 Lehrpersonen sowie 250 Schülerinnen und Schülern von der 3. Klasse bis zur Berufsfachschule beteiligt.
Der nun vorliegende Schlussbericht zieht ein positives Fazit. So habe MyPad den Unterricht bereichert und sei bei fast allen Beteiligten gut angekommen. In einer Online-Befragung bestätigten mehr als zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler, dass die Schule  mit dem Tablet allgemein spannender und abwechslungsreicher geworden sei.
Der Erfolg von MyPad macht der Bericht an drei Faktoren fest:
  • Das Gerät als solches. Die schnelle Aufstartzeit, das geringe Gewicht und die lange Akkulaufzeit machen Tablets zu einem alltagstauglichen Lerninstrument für den Unterricht. Auch die in einem Tablet vereinten Funktionen (Kamera, Mikrofon, Touchscreen, Apps) eignen sich gut.
  • Die Lehrperson. Lehrpersonen sind der Pulsgeber für innovativen Unterricht. Die im Projekt involvierten Lehrpersonen waren hochmotiviert. Sie bewiesen ein grosses Interesse an Fragen rund um den Einsatz digitaler Medien.    
  • 1:1-Computing. Alle Schülerinnen und Schüler erhielten während der zweijährigen Projektphase ein Tablet, das sie im Unterricht benutzen und mit nach Hause nehmen konnten. 1:1-Computing fördert selbstständiges und selbstorganisiertes Lernen und Arbeiten.

Was den Schlussbericht lesenswert macht, sind seine konkreten Empfehlungen für Lehrpersonen und Schulleitungen, die einen Tablet-Einsatz planen. So wird beispielsweise herausgestrichen, dass präzise und altersgerechte Nutzungsvereinbarungen unumgänglich sind oder dass der frühe Elterneinbezug eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Und für Schulleitungen zahlt sich die Investition in ein patentes Netzwerk und eine gute WLAN-Infrastruktur mit hoher Bandbreite aus.
Aus Sicht der beteiligten Lehrpersonen hat das Tablet den Unterricht vor allem in zweierlei Hinsicht verändert: Einerseits fördern die Geräte die individuelle Unterstützung von Schülerinnen und Schülern. Sie werden schneller und direkter in den Unterricht einbezogen und erhalten gleichzeitig mehr Verantwortung für ihr Lernen. Anderseits fällt es leichter, differenzierte Arbeitsaufträge zu erteilen, da der Lernverlauf und der aktuelle Stand jederzeit abrufbar sind. In den Rückmeldungen der Lehrpersonen kommt aber auch zum Ausdruck, dass es keineswegs einfach zu kontrollieren ist, ob und mit welcher Intensität Kinder und Jugendliche an den Tablets arbeiten. Der Unterrichtsaufwand nimmt nicht ab. Selbstorganisiertes Lernen mit digitalen Medien ist ein anspruchsvoller Prozess, den nicht alle gleich gut meistern.

Informatische Bildung neu als Schulfach
Für den Kanton Solothurn ist der mit dem MyPad-Projekt eingeschlagene Weg zukunftsweisend. Um dies zu untermauern hat das Departement für Bildung und Kultur zeitgleich mit dem Schlussbericht Regelstandards für die informatische Bildung vorgelegt. Diese stützen auf den Lehrplan 21 ab und präzisieren die im Modul “Medien und Informatik” formulierten Kompetenzen. Schulen erhalten strategische, technische und organisatorische Empfehlungen für ihren Umgang mit ICT.
Konkret spürbar werden die Regelstandards im neuen Schulfach “Informatische Bildung”, das ab diesem Schuljahr in den Stundenplänen auftaucht. “Informatische Bildung” umfasst Medienbildung, ICT-Anwendungskompetenz und Informatik und ist von der 3. Primar- bis zur 3. Sekundarschule Bestandteil des Fächerkanons. Damit räumt Solothurn diesem Bereich mehr Gewicht ein als die anderen Schweizer Kantone und bleibt seiner Vorreiterrolle, was Informations- und Kommunikationstechnologie in der Schule anbelangt, treu.
 

Ähnliche Themen

  • „Konzepte besser verankern“
    1. Oktober 2012

    Welche Konzepte der ICT- und Medienbildung überdauern die schnelllebigen Trends und Hypes der digitalen Welt? Ideen dazu liegen vor, finden in der Schule aber noch nicht den gewünschten Platz, zeigte sich an der SFIB-Fachtagung in Bern.

  • "ICT braucht ein Zeitgefäss"
    1. April 2013

    Leitmedienwechsel oder digitale Demenz? Was der digitale Wandel für das Lernen und die Schule bedeutet, wird unter Experten kontrovers diskutiert.

  • ICT in der Schule auf den Zahn gefühlt
    1. Oktober 2014

    Wie sieht das Schulzimmer der Zukunft aus? Diese Frage hat die EU in einem gross angelegten Projekt untersucht und dabei den Fokus auf ICT gelegt.

  • Viele Wege führen nach 0 und 1
    1. November 2017

    Wie gelingt es der Informatik, Nachwuchs für die digitale Zukunft zu finden? Unter anderem mit neuen Berufsbildern und Ausbildungsmodellen, die der Branche und Jugendlichen entgegenkommen.

  • Mit den Fingern lernen
    1. Juni 2011

    Lernprogramme boomen. Doch während Hersteller um Marktanteile kämpfen, steht ein Sieger im Vorneherein fest: der Webbrowser.                                               

  • Klicken statt blättern?
    1. Juni 2012

    Der Sprung vom herkömmlichen Schulbuch zum digitalen Lehrmittel ist ein grosser. Als Zwischenschritt hat sich Lernsoftware etabliert, die ein Lehrmittel ergänzt und vertieft.

  • Wenn Tablets den Takt angeben
    1. September 2016

    Smartphones und Tablets eröffnen im Musikunterricht Möglichkeiten. Vor allem dann, wenn sie nicht bloss klassische Instrumente imitieren wollen.