Mehrere Projekte widmen sich derzeit dem Einsatz von iPads im Unterricht (Bildquelle: flickr.com).
So langsam gewöhnt sich die Schule an digitale Lernressourcen und Apps, schon steht die nächste Herausforderung an: Apple plant, mit einer Bildungsinitiative die Schulbücher zu ersetzen.
„Apple will den Bildungsmarkt entern.“ Was Ende 2011 in Blogs als Gerücht kursierte, hat sich am 19. Januar an einer Medienkonferenz von Apple in New York konkretisiert. Unter dem Motto „Reinventing the textbook“ stellte das Unternehmen aus Cupertino seine Strategie vor, Schulbücher fürs iPad aufzubereiten. Die dafür benötigten Apps heissen „iBooks“ und „iBooks-Author“. Beide Anwendungen haben es in sich, da sie das herkömmliche Buch mit interaktiven Elementen ergänzen. Mit „iBooks“ lassen sich digitale Bücher aus dem iBookstore aufs iPad oder aufs iPhone laden. Neu erlaubt „iBooks“ die Integration von Videos, Audioaufnahmen, animierten Grafiken, Quiz-Aufgaben oder einem interaktiven Glossar. In den USA ist Apple mit den führenden Lehrmittelverlagen McGraw Hill, Pearson und Houghton Mifflin Hafcourt eine Partnerschaft eingegangen, welche deren Bücher in den iBookstore bringen soll.
Im Gegensatz dazu richtet sich „iBooks-Author“ an Lehrpersonen oder Schüler, die selber Bücher entwickeln wollen. Entweder mittels Vorlagen oder ganz nach eigenem Gutdünken ermöglicht diese Anwendung per „Drag and Drop“ interaktive Elemente wie Bilder, Videos, Tondateien oder 3D-Modelle mit Text zu verknüpfen und zu kombinieren (www.apple.com/education).
Derzeit liegen noch keine deutschsprachigen Lerninhalte in Form von iBooks vor. „Wann solche Lerninhalte verfügbar sind, hängt von den Inhaltsanbietern ab“, sagt Andrea Brack, Pressesprecherin von Apple Schweiz. „Im Moment gibt es jedoch nur im US-iBookstore eine eigene Kategorie für Schulbücher.“ Konkrete Verhandlungen mit Schweizer Lehrmittelverlagen fanden bisher keine statt.
Umkämpfter Markt
Apple hat in seiner Geschichte mehrmals aufgezeigt, wie man bereits vorhandene Konzepte in erfolgreiche Geschäftsmodelle ummünzt. Mit der jetzt lancierten Bildungsinitiative drängen Tablet-Computer noch stärker in die Schulstuben. Bereits heute werden – vornehmlich in Amerika – 1,5 Millionen iPads zum Lernen eingesetzt; der Bildungsmarkt ist für Apple ein lukratives Geschäft.
Was kritisch beurteilt werden muss, ist die technisch abgeschlossene Architektur, innerhalb welcher Apple operiert. Wer beispielsweise ein mit „iBooksAuthor“ hergestelltes Lehrmittel kommerziell vertreiben möchte, darf dies nur über Apples eigenen iTunes-Store und muss 30% des Verkaufspreises abtreten. Gleichzeitig entscheidet Apple als „Gatekeeper“, welche Inhalte im iTunes-Store überhaupt publiziert werden und welche nicht. Immer wieder bemängelt wird weiter, dass dem iPad grundlegende Anschlüsse (USB, Firewire) fehlen.
Doch Apple agiert im Tablet-Markt nicht alleine: Es buhlen drei Betriebssysteme und noch mehr Unternehmen um die Vorherrschaft. Abgesehen vom iPad läuft auf Tablets entweder das Betriebssystem Android von Google oder Microsofts Windows 7. Eine App für alle Tablets anzubieten, zieht technischen Mehraufwand nach sich.
Projekte laufen an
Was Lernanwendungen anbelangt, ist Apple unter diesen drei die Nummer eins. 20'000 Apps sind unter dem Schlagwort Lernen im iTunes-Store greifbar. Auch der Glarner Oberstufenlehrer Andreas Streiff bietet Apps an. i7Sachen, iSee, iSchweiz, iEuropa und mehr: Streiffs Anwendungen behandeln in Quizform Allgemeinbildung mit einem Schwerpunkt in Geografie und kosten je 4 Franken (Suchbegriff „Lernklick“ im iTunes-Store). Als Webapplikationen sind diese Lernprogramme auch kostenlos auf Streiffs Website abrufbar: www.lernklick.ch. Dort stellt Andreas Streiff darüber hinaus ein ausführliches Dossier zur Verfügung, das diverse Apps für den Unterricht beleuchtet und den Einsatz mobiler Geräte im Klassenzimmer erläutert. Auch das Dossier „Mobiles Lernen“ auf educa.ch stammt aus Andreas Streiffs Feder (unterricht.educa.ch/mobiles-lernen).
Über Erfahrung mit iPads im Schulzimmer verfügt die Primarschule Regensdorf, wo jede Klasse mit zwei Geräten arbeitet (www.bit.ly/zgED4z). Eine weitere Dokumentation des Schulalltags präsentiert die deutsche Gesamtschule Volkmarode. Hier kommen zwei Koffer mit je 16 iPads zum Einsatz (www.bit.ly/AfjQjT) .
Die PH FHNW leitet seit Frühling 2011 ein Projekt zum iPad-Einsatz in der Schule. Sechs Lehrpersonen der Unter- und Mittelstufe entwickeln Unterrichtsideen zum mobilen, kooperativen Lernen (www.my-pad.ch). Der Projektblog dokumentiert die einzelnen Szenarien und die dabei genutzten Apps.
Die aktuellste und vollständigste Auflistung von iPad-Unterrichtsprojekten liefert der Auftritt www.1to1learning.ch des ICT-Experten Beat Döbeli, der mit dem iPhone-Projekt an der Primarschule Goldau für Aufsehen sorgte. Geordnet nach Gerätetyp, Schulstufe und Land finden sich hier 124 Projekte, in welchen Schulklassen mit persönlichen (Klein-)Computern arbeiten. Die Liste der derzeit 30 iPad-Projekte dürfte wohl in Kürze anwachsen.