Eine virtuelle Konferenz mit über 150 Personen? Der Open Education Day fand virtuell statt, den technischen Rahmen lieferte das Webkonferenzsystem BigBlueButton. (Screenshot: openeducationday.ch)
Offene Software im Unterricht: Diesem Thema widmete sich der Open Education Day Ende April. Erfahrung mit Open Source sammeln auch die Schulen der Stadt Bern. Wie ist die Einführung von "base4kids 2" angelaufen?
Lernstick, Tablet, Laptop oder Chromebook: Welche Hardware passt zu welchem Schultag? Wie kann man künstliche Intelligenz und Robotik kindgerecht in den Unterricht einbetten? Und welche Experimente gelingen mit dem Kleinroboter Thymio? Diese und weitere Fragen standen am Open Education Day vom 25. April im Fokus. Doch der Rahmen der Tagung war alles andere als gewohnt. Anstelle eines physischens Treffens musste es ein virtueller "Halfday" in Form von Videokonferenzen richten. Konnte das klappen? "Es hat uns positiv überrascht, dass sich über 150 Personen am Halfday beteiligt haben", sagt Matthias Stürmer, Präsident des Vereins CH Open und Mitorganisator der Tagung. Der Entscheid zur virtuellen Austragung sei kurzfristig gefallen und durch die grosse Unterstützung der Community möglich geworden. Neben Plenumsbeiträgen fanden parallel neun Workshops statt. Trotz der guten Erfahrungen ist für Stürmer aber klar, dass der Open Education Day künftig wieder zur Präsenzveranstaltung wird. "Sich auszutauschen und Kontakte zu pflegen sind wesentliche Erfolgsfaktoren. Das funktioniert einfach besser, wenn man sich vor Ort trifft." Die Videos der Konferenz sind auf openeducationday.ch dokumentiert. Dort finden sich auch Informationen, wie man das Open-Source-Webkonferenzsystem BigBlueButton kostenlos und datenschutzkonform einsetzt.
Die Stadt Bern als Vorreiterin
Schulen, die mit Open-Source-Software arbeiten, sind in der Schweiz dünn gesät. Im Bereich der Systemanbieter dominiert Microsoft, gefolgt von Google. Für einen Tupfer in dieser Landschaft sorgen die Schulen der Stadt Bern. Mit dem Projekt "base4kids 2" setzt man in der Bundeshauptstadt auf frei verfügbare Programme, die auf eigenen Servern laufen (base4kids2.ch). Die Schülerinnen und Schüler arbeiten beispielsweise mit der neu entwickelten App Collabora, um gemeinsam Texte zu schreiben. Sie tauschen ihre Dokumente mit der Cloud-Lösung Nextcloud aus. Sie nutzen ein selbstentwickeltes Learning-Management-System, das auf Moodle und Mahara basiert. Und wenn es um E-Mails oder Kurznachrichten geht, kommunizieren sie mit Kolab oder Mattermost. Als Geräte kommen iPads zum Einsatz. "Wir haben base4kids 2 im vergangenen Herbst – leider mit einigen Startschwierigkeiten – eingeführt", erklärt Jörg Moor, stellvertretender Leiter des Schulamts. "Für die rund 1'500 Lehrpersonen führte das zu einem markanten Wechsel, galt es doch, sich von der gewohnten Desktopumgebung zu lösen und neu mit iPads zu arbeiten." So gab es denn auch Kritik von Lehrpersonen, da sich bestehende Dokumente nicht immer einwandfrei in Collabora weiterbearbeiten liessen. "Um hier entgegenzuwirken, haben wir nachträglich die Office-Apps von Microsoft auf den iPads installiert."
Auf der Seite der Schülerinnen und Schüler habe die Umstellung gut funktioniert. Gerade der Fernunterricht habe gezeigt, dass die Arbeit und Kommunikation mit den Klassen gut klappe, wenn sich die Schülerinnen und Schüler bereits vor dem Lockdown mit den neuen Tools auseinandergesetzt hätten. "Wir haben Rückmeldungen erhalten, dass Klassen in der Mittel- und Oberstufe papierlos arbeiten konnten." Jörg Moor steht hinter dem Entscheid, auf Open Source und nicht auf kommerzielle Anbieter mit proprietären Systemen zu setzen. Im Zentrum stehen für ihn die Kompetenzen, die man sich aneignet und nicht ein bestimmtes Produkt. "Die Umstellung war sicher anspruchsvoll, auch mussten wir für unsere Umgebung eine Eigenentwicklung initiieren. Rückblickend hätte mehr Zeit für diese Entwicklung gut getan." Als zentral hat sich laut Moor die Arbeit der rund 80 ICT-Verantwortlichen erwiesen. "Die Spezialisten für Medien und Informatik spielen in den Schulhäusern eine wichtige Rolle als Multiplikatoren." Mit dem Ende des laufenden Schuljahres will das Schulamt die Einführung von base4kids 2 abschliessen. Im Verlauf des nächsten Schuljahres folgt die Evaluation des Projekts. In Bern entsteht im Bereich Open-Source Know-how, von dem andere Schulen profitieren können.